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Kritik an Köhler: Söder am Scheideweg

In der Debatte um den früheren RAF-Terroristen Christian Klar gerät CSU-Generalsekretär Markus Söder zunehmend unter Druck. Es ist nicht die einzige Front, an der er derzeit zu kämpfen hat.

München - Anfang Januar ist Markus Söder vierzig geworden. "Man wird damit wohl endgültig erwachsen und vielleicht auch ein bisschen altersmilde", beschrieb der CSU-Generalsekretär seine Gedanken zum runden Geburtstag. Kurz nach der Feier bekam Söder mit voller Wucht zu spüren, dass Erwachsensein kein Zuckerschlecken ist, schon gar nicht bei Politikern: Mit dem Sturz Edmund Stoibers begann für Söder der Kampf um sein politisches Überleben. Dabei fiel Söder auch in die alte Schwäche zurück, sich mit unbedachten Äußerungen ins Abseits zu stellen. Die Rücktrittsforderungen von SPD und Grünen wegen seines Drucks auf Bundespräsident Horst Köhler sind dabei aber weit weniger bedrohlich als die personelle Neuausrichtung der CSU.

Alleine der Blick auf die Liste der letzten CSU-Generalsekretäre dürfte Söder nachdenklich machen: Gerold Tandler, Erwin Huber, Bernd Protzner und Thomas Goppel heißen seine Vorgänger. Zwei davon, Huber und Goppel, sind als Belohnung für den Knochenjob ins Kabinett aufgestiegen. Die zwei anderen, Tandler und Protzner, wurden von ihrer Partei abserviert. An diesem politischen Scheideweg steht auch Söder, der der dienstälteste Generalsekretär der Bundestagsparteien ist. Wenn der CSU-Parteitag im September die Weichen für die Neuausrichtung der Christsozialen stellt, wird er nach dann knapp vier Jahren im Amt voraussichtlich zum letzten Mal in seiner bisherigen Funktion vor den Delegierten sprechen.

Seehofer ist sauer

Beide Kandidaten für den CSU-Vorsitz signalisierten zumindest indirekt, dass Söder bei ihnen keine Zukunft hat. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer ist sauer auf den Franken, weil er sich früh im parteiinternen Wahlkampf auf die Seiten Hubers schlug. Huber selbst kündigte schon an, dass es im Herbst nicht nur im Amt des CSU-Chefs und Ministerpräsidenten, sondern auch an anderer Stelle Veränderungen geben könne. Dabei brachte er ins Spiel, dass auch eine Frau den Generalsekretärs-Posten bekommen könnte.

Bis zu den Tagen im Januar, an denen die CSU-Spitze Stoiber stürzte, durfte der verheiratete Vater von drei Kindern noch von einem baldigen Wechsel auf einen Ministerposten ausgehen. Es galt als ausgemachte Sache, dass Stoiber als sein politischer Ziehvater mit der nächsten Kabinettsumbildung auch Söder bedenken würde. Dieser machte sich in den Wochen vor dem Sturz auffallend oft Gedanken über eine ökologische Neuausrichtung der CSU, was bei Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf die Alarmglocken schrillen ließ. Mit dem Sturz Stoibers platzten die Träume Söders allerdings jäh.

Belächelte Kampagne

"Markus Söder ist jemand, der schnell eine entsprechende Einschätzung nach draußen gibt, und in dieser Geschwindigkeit hat er sicherlich diesmal auch ein Mordstempo vorgelegt", sagte Söders Vorgänger Goppel leicht süffisant zu dessen angeblicher Drohung, die Wiederwahl Köhlers von der Entscheidung über das Gnadengesuch des Ex-RAF-Terroristen Christian Klar abhängig zu machen. Das "Mordstempo" entspricht der früher in der CSU verbreiteten Auffassung, der ehemalige Fernsehredakteur spreche manchmal schneller als er denke. Den Eindruck hatte er mit belächelten Kampagnen zur Rettung des Sandmännchens und zum Singen der Nationalhymne in Schulen geweckt.

Seine Kritiker konnte Söder trotz seines unbestrittenen Fleißes nie zum Verstummen bringen. Für diese sind die Geschehnisse um den Sturz Stoibers in Wildbad Kreuth auch die Bestätigung, dass es sich bei Söder eher um ein politisches Leichtgewicht handelt. Immer wieder forderten Parteifreunde ihn in dem damaligen Chaos auf, sich endlich energisch in der Öffentlichkeit hinter den Ministerpräsidenten und CSU-Chef zu stellen. Weil Söder stattdessen abtauchte, sind ihm bis heute viele in der Partei böse.

Allein an Günther Beckstein dürfte es deshalb jetzt liegen, was aus Söder wird. Der Nürnberger Beckstein kennt den Nürnberger Söder seit dessen politischen Anfängen, außer der Zuneigung zum 1. FC Nürnberg teilen beide auch den Hang zum Wertkonservativen. Am Dienstag stellte sich Beckstein offensiv hinter Söder - die Unterstützung des designierten bayerischen Ministerpräsidenten wird dieser dankbar zur Kenntnis genommen haben. (Von Ralf Isermann, AFP)

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