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Politik: Kritik an Schulimport aus der Türkei

Union gegen Erdogans Vorschlag / Auch Deutsch-Türken dagegen

Berlin - Die Forderung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan nach türkischsprachigen Bildungseinrichtungen in Deutschland ist überwiegend auf Kritik gestoßen. „Ich habe sehr große Bedenken, wenn es dabei um den Aufbau einer türkischen Infrastruktur von Bildungseinrichtungen in deutschen Großstädten oder Ballungsräumen mit einem hohen Anteil von türkischen Mitbürgern geht“, sagte der Vizechef der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), dem Tagesspiegel am Sonntag: „Das würde nicht der Integration dienen, das würde die Integration eher bremsen.“ Gemeinschaftsgefühl entstehe dadurch, dass schon Kinder miteinander lernten und spielten. Durch getrennte Erziehungseinrichtungen würden die Menschen eher auseinander getrieben und die Bildung von Parallelgesellschaften begünstigt. Nicht verwehren könne man aber den Wunsch nach einer Auslandsschule oder einer kleinen Universität, da auch Deutschland solche Einrichtungen in der Türkei betreibe.

Erdogan hatte am Freitag im Beisein der Bundeskanzlerin türkischsprachige Gymnasien und Universitäten in Deutschland gefordert. CSU-Chef Erwin Huber nannte den Plan „Gift für die Integration“. Der CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, warb für „Elite-Schulen“ und „Elite-Universitäten“, an denen deutsch und türkisch unterrichtet wird. Er sei jedoch gegen eine rein türkische Privat-Universität.

Fast einhellig kritisch äußerten sich türkischstämmige deutsche Politiker zu Erdogans Vorschlag: Lale Akgün (SPD) warnte in der Frankfurter Rundschau vor „Segregation statt Integration“, Kenan Kolat, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde, wandte sich gegen den Vorschlag, Lehrer aus der Türkei zu holen. Der Grüne Berliner Bildungspolitiker Özcan Mutlu sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, schon deren „an Autorität orientierter Unterrichtsstil“ passe nicht ins deutsche System. Mutlu wandte sich aber auch gegen rein türkischsprachige Bildungseinrichtungen. Er wisse zwar aus eigener Erfahrung, wie gut es sei, auch seine Muttersprache zu beherrschen, aber: „Wir leben in Deutschland, deshalb ist Deutsch die wesentliche Sprache. Und wir leben in einer Konkurrenzgesellschaft, in der Migranten den ethnisch Deutschen womöglich eher einen Schritt voraus sein sollten. hmt/ade/dpa

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