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Beim Großen Zapfenstreich hat Ex-Verteidigungsminister de Maizière auch Frankreich und England kritisiert.

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Update

Kritische Worte beim Zapfenstreich: Paris reagiert verschnupft auf de Maizières Äußerungen

Abschied mit klaren Worten: De Maizière erklärt beim Großen Zapfenstreich, warum sich Deutschland anders als Frankreich mit einem militärischen Engagement in Afrika zurückhält. Paris reagiert verschnupft auf die Wortwahl des Ex-Verteidigungsministers.

Ex-Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich mit deutlichen Worten an die Bundeswehr und an die europäischen Verbündeten von seinem bisherigen Amt verabschiedet. Am Rande des Großen Zapfenstreichs zu seinen Ehren gestand er am Mittwochabend ein, dass in der Bundeswehr "vieles nicht in Ordnung" sei. Gleichzeitig verbat er sich Kritik am militärischen Engagement Deutschlands vonseiten Frankreichs und Großbritanniens. Deutschland brauche „keine Belehrungen über Art und Ausmaß unserer internationalen Einsätze, auch nicht aus Frankreich und Großbritannien“.

In französischen diplomatischen Kreisen hieß es, in diesem Punkt stimme man völlig mit de Maizière überein. Allerdings bringt ein anderer Aspekt im Rundumschlag des ehemaligen Verteidigungsministers die französischen Partner auf die Palme: De Maizière sagte bei seinem Abschied auch, dass Frankreich "legitime nationale Interessen" habe und meinte damit offenbar das militärische Engagement von Paris in afrikanischen Ländern wie Mali, Zentralafrika und Niger. Die Sichtweise, dass Frankreichs Einsatz in Afrika in erster Linie nationalen Interessen diene, wird in französischen diplomatischen Kreisen zurückgewiesen. "In Zentralafrika gibt es national nichts zu gewinnen", hieß es. Um den dortigen Konflikt zwischen Christen und Muslimen zu befrieden, hat Frankreich bereits 1600 Soldaten in die ehemalige Kolonie entsandt.

Beim Großen Zapfenstreich hat der bisherige Verteidigungsminister Thomas De Maizière sich kritisch zur Bundeswehrreform geäußert..
Beim Großen Zapfenstreich hat der bisherige Verteidigungsminister Thomas De Maizière sich kritisch zur Bundeswehrreform geäußert..

© Reuters

Beim letzten EU-Gipfel im Dezember war Frankreichs Präsident François Hollande mit seiner Forderung einer finanziellen Beteiligung der EU an dem Einsatz bei seinen Partnern auf taube Ohren gestoßen. Nachdem die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton aber inzwischen ein Papier mit Optionen für einen möglichen EU-Einsatz in Zentralafrika vorgelegt hat, sollen europäische Diplomaten am Freitag darüber beraten.

Eine derart öffentliche Kritik finden die Franzosen unangebracht

Für kritikwürdig halten die Franzosen auch de Maizières Einschätzung, wonach Deutschland im Ausland militärisch bisweilen stärker engagiert sei als Frankreich. Traditionell verfüge Deutschland aus finanziellen Gründen über größere Unterstützungskontingente als Frankreich, hieß es. Dennoch könne man mit Blick auf die Kampftruppen nicht von einem stärkeren Engagement Deutschlands sprechen.

Schließlich lässt die französischen Partner die Tatsache aufhorchen, dass der ehemalige Verteidigungsminister seine kritischen Worte an Paris und London in aller Öffentlichkeit platzierte. Eine vergleichbare öffentliche Kritik an den deutschen Partnern habe es - zumindest nicht von der gegenwärtigen sozialistischen Regierung - nie gegeben. Allerdings sind in Berlin Äußerungen aus der konservativen Pariser Vorgängerregierung während des Libyen-Einsatzes von 2011, an dem sich Deutschland nicht beteiligte, nicht vergessen. Der damalige Außenminister Guido Westerwelle bot statt einer militärischen Beteiligung die Teilnahme an einer humanitären Mission an. Anschließend meinte Verteidigungsminister Gérard Longuet in der Pariser Nationalversammlung, die Berliner Offerte sei wohl eine Art „mündliche Nachprüfung“.

De Maizière war bei der Aufstellung des neuen Kabinetts vor drei Wochen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom Verteidigungs- in das Innenministerium versetzt worden. Seine Nachfolgerin im Bendlerblock ist Ursula von der Leyen (CDU), die an der höchsten militärischen Zeremonie teilnahm. Sie würdigte de Maizières Reformwerk. „Es wird keine Reform der Reform geben. Das ist eine gute Nachricht für die Bundeswehr. Das ist Dein Erfolg“, sagte sie.

"Ziel der Reform war es nicht, die Zufriedenheit der Soldaten zu erhöhen"

De Maizière machte deutlich, dass er die Unzufriedenheit in der Truppe mit der Reform nicht beunruhigend findet. „Es wäre ein Wunder, wenn es anders wäre“, sagte er. „Ziel der Neuausrichtung war es nicht und konnte es nicht sein, die Zufriedenheit der Soldaten und Mitarbeiter zu erhöhen.“ Ziel sei es, den Auftrag der Bundeswehr zu erfüllen.

Der Innenminister räumte aber Probleme in der Truppe ein. „In der Bundeswehr ist natürlich vieles nicht in Ordnung, nicht nur im Rüstungsbereich“, sagte er. Er fügte aber hinzu: „Das ist normal für Institutionen dieser Größenordnung.“ De Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte bei seinem Rücktritt im März 2011 gesagt, er hinterlasse ein bestelltes Haus.

Beim Skandal um die Drohne „Euro Hawk“ dachte er an Rücktritt

De Maizière war knapp drei Jahre lang Verteidigungsminister. Im vergangenen Sommer stürzte er beinahe über die Affäre um die Skandal-Drohne „Euro Hawk“. Bisher hatte er sich nie zu eventuellen Rücktrittsgedanken geäußert. In seiner Abschiedsrede sagte er: „Die Soldaten - da lüfte ich ein Geheimnis - haben mich übrigens auch von einem Rücktritt abgehalten.“ (mit dpa)

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