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Politik: Kuba: Beifall für den Commandante

Rednerliste Nummer 13. "Excellente Senor Fidel Castro Ruz, Presidente de la Republica de Cuba.

Rednerliste Nummer 13. "Excellente Senor Fidel Castro Ruz, Presidente de la Republica de Cuba." Es ist einer der seltenen Auftritte des greisen Staatschefs im Ausland. Um so größer ist die Spannung im Saal 1 des Konferenz-Zentrums Cintermex am Donnerstag um halb zwölf Ortszeit. Erst am Tag zuvor hatte der 75-jährige Diktator endgültig sein Kommen zur UN-Konferenz über Entwicklungsfinanzierung in Monterrey angekündigt. Einen Tag, bevor US-Präsident George W. Bush eintrifft.

Castro, in grüner Uniform, verfolgt in der fünften Reihe die Vorredner, macht sich Notizen. Kurz vor halb zwölf ist es soweit. Der mexikanische Präsident Vicente Fox bittet den Commandante um seinen Beitrag. Castro erhebt sich, geht beachtet von rund 150 Staatschefs und Ministern zum Rednerpult. Applaus kommt auf. Die Versammlung ist mit einem Mal hellwach. "Das was ich hier sage, wird nicht von allen geteilt. Aber ich sage, was ich denke", sagt Castro mit leicht zittriger Stimme.

Dann löst sich auch bei ihm die Anspannung. Er kommt in Fahrt, seine Stimme hebt und senkt sich mit jedem Satz. Unterstrichen von energischen Handbewegungen. 1,2 Milliarden Menschen lebten in absoluter Armut, ruft Castro in den Saal. Die Schere öffne sich weiter: "1960 waren die Einkommen der reichsten Länder 37 Mal so groß wie die der Armen. Heute ist es 74 Mal so viel." Er spricht von 826 Millionen hungernden Menschen, klagt über 854 Millionen Analphabeten. "Diese Tragödie kann niemand entschuldigen", sagt, schreit der 75-Jährige. Klagt die reichen Staaten an. Und "hässliche Institutionen wie den Internationalen Währungsfonds". IWF-Direktor Horst Köhler hört aufmerksam zu. Die Hilfe der Reichen sei lächerlich und ungenügend. Die Tobin-Steuer wäre für Castro eines der wirksamsten Mittel in den Händen der UN.

Castro attackiert auch das Treffen in Monterrey. Er spricht vom Konsens, den "uns die Herren der Welt hier aufdrücken". Gerade er, der Diktator, fordert demokratische Beteiligung der Armen. "Eine bessere Welt ist möglich", ruft er. Präsidenten, Staatschefs und Minister klatschen, so laut und lange wie bei keinem anderen Redner zuvor.

Der greise Maximo Lider hebt noch einmal die Hände. "Geben Sie mir noch 20 Sekunden, Herr Vorsitzender." Er greift in seine Hemdtasche, zieht einen Zettel heraus, faltet ihn mit einem Ruck auf - eine perfekte Inszenierung. Er könne nicht bleiben, müsse in sein Land zurückkehren, sagt Castro. "Der Campanero Ricardo Alcaron de Quesada, Präsident der Nationalversammlung und unermüdlicher Kämpfer für die Rechte der Dritten Welt, wird mich hier als Staatschef vertreten." Er hoffe, dass Quesada von keiner Veranstaltung ausgeschlossen werde.

"Gracias" ruft Castro. Verharrt einen Moment. Noch einmal Applaus. Keine zehn Minuten hat es gedauert. Dann geht der greise Mann in der grünen Uniform langsam, aber erhobenen Hauptes durch die Reihen, zum Ausgang, schiebt sich vorbei an Kameraleuten und Fotografen. Der alte, unbelehrbare Diktator hat seinen Auftritt gehabt. Professionell, perfekt. Besser als jeder andere der 168 Redner. Auch wenn die Zeit des Commandante längst abgelaufen ist.

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