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Kuba: Wandel statt Wechsel

Wie geht es weiter mit Kuba? Die neue Führung in Havanna setzt auf mehr Effizienz und erteilt grundlegenden Reformen eine Absage.

Von ihrem neuen Präsidenten, Raul Castro, erwarten sich die Kubaner vor allem eines: eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse. „Ich hoffe, dass er die Gehälter anhebt“, sagt zum Beispiel ein Taxifahrer. Sie wolle ins Ausland reisen, erklärt eine Anwältin. Und ein Mechaniker hofft, sich bald selbstständig machen zu können.

Der als Pragmatiker geltende jüngere Castro wurde am Sonntag zum neuen Staatschef ernannt und löste damit nach fast 50 Jahren seinen älteren Bruder Fidel an der Macht ab. Ihm stellte die Volksversammlung den 77-jährigen Hardliner Jose Ramon Machado zur Seite (siehe Kasten). Zum Parlamentspräsidenten wurde zum vierten Mal der 71-jährige Ricardo Alarcon gewählt, wie Machado ein Vertreter der alten Garde. Die Zeichen stehen damit auf Kontinuität. Raul hat schon seit der Notoperation Fidels im Juli 2006 ad interim die Staatsgeschäfte geführt.

Seine Aufforderung an die Bevölkerung, Verbesserungsvorschläge einzubringen und Missstände anzusprechen, hat in den vergangenen Monaten insbesondere bei den jüngeren Kubanern Hoffnung aufkeimen lassen, dass sich an der Mangelwirtschaft etwas ändert. Die miserable Transportsituation, die schlechte Versorgungslage, die vielen Restriktionen etwa beim Erwerb eines Autos, bei einem Umzug oder bei Auslandsreisen stehen auf der Klageliste der Kubaner ganz oben. Diese Erwartungen wird Raul zumindest teilweise erfüllen müssen, um nicht seine Legitimationsbasis und damit das ganze System zu gefährden. Am Sonntag stellte er eine Reform der schwerfälligen Staatsbürokratie und eine Aufwertung des kubanischen Peso in Aussicht, was die Kaufkraft der Kubaner verbessern würde. „Wir müssen effizienter werden“, forderte er in seiner Antrittsrede im dunklen Anzug. Außerdem werde er zahlreiche Restriktionen aufheben, versprach er, ohne diese jedoch genauer zu benennen.

Die Reformen haben eine Verbesserung des Sozialismus zum Ziel – ein Systemwechsel steht nicht zur Debatte. Entsprechende Erwartungen, die US-Präsident George W. Bush geäußert hatte, bezeichnete Raul als offensive Einmischung des großen Nachbarn im Norden. „Wir sehen die Möglichkeit eines Wandels, der allerdings von innen heraus kommen muss“, bekräftigte dagegen US-Staatssekretär Tom Shannon am Sonntag. Der wegen eines Darmleidens bettlägrige, charismatische Fidel wird weiter eine wichtige Rolle spielen und im Hintergrund über sein Erbe wachen. Erst am Samstag hatte er eine Kolumne im Parteiorgan „Granma“ veröffentlicht, in der er sich über die Forderungen nach einem „Wandel“ lustig machte. „Wandel ja, aber in den USA“, schrieb er. Washington hat seit 1962 ein Wirtschaftsembargo über die Insel verhängt.

Raul bat die Volksversammlung darum, wichtige Entscheidungen auch weiterhin mit Fidel absprechen zu können. Eine Bitte, die das Parlament umgehend erfüllte. „Fidel ist unersetzlich, und das Volk wird sein Werk fortsetzen, selbst wenn er nicht mehr unter uns weilen wird“, sagte der 76-jährige General. Bei innerparteilichen Auseinandersetzungen zwischen Reformern und Hardlinern wird damit Fidel, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei bleibt, weiterhin das letzte Wort haben. Viele ältere Kubaner, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Ende der 80er Jahre schon einmal eine Öffnung des Regimes erlebten, die aber nach der wirtschaftlichen Erholung wieder rückgängig gemacht wurde, zeigten sich skeptisch. „Ich glaube nicht, dass sich viel ändern wird“, sagte eine Rentnerin.

Gleich nach seiner Einsetzung telefonierte Raul mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez, einem wichtigen wirtschaftlichen und politischen Verbündeten. Er nahm eine Einladung nach Venezuela an und demonstrierte damit, dass sich am guten Verhältnis der beiden Länder nichts ändern wird. Chavez hatte ein sehr gutes Verhältnis zu Fidel und sieht sich als dessen Erben in Lateinamerika.

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