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Türkei

© AFP

Kurden-Konflikt: Türkei vermisst Unterstützung aus dem Westen

Im Konflikt um kurdische Rebellen sieht sich Erdogan im Stich gelassen – vom Irak, der EU und den USA. Und eines steht fest: Den vielen Ankündigungen der Verbündeten folgten bislang keine Taten.

In den Bemühungen um eine friedliche Lösung der PKK-Krise im Nordirak fühlt sich die Türkei vom Nachbarn Irak und dem Westen im Stich gelassen. Gespräche zwischen der türkischen und der irakischen Regierung über eine Eindämmung der PKK-Aktivitäten im Norden Iraks endeten am Wochenende ohne Ergebnis. Gleichzeitig wurde beim türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und in der Öffentlichkeit scharfe Kritik an der Haltung von Europäern und Amerikanern gegenüber der PKK laut. Regierung und Militärs in Ankara bleiben zwar dabei, dass ein groß angelegter türkischer Einmarsch nach Nordirak erst nach Erdogans Treffen mit US-Präsident George Bush am 5. November beginnen soll. Die Chancen, dass bis dahin entscheidende Schritte gegen die PKK unternommen werden könnten, sinken jedoch mit jedem Tag. Inzwischen soll der Aufmarsch der türkischen Armee an der Grenze abgeschlossen sein.

Eine irakische Regierungsdelegation hatte bei Gesprächen in Ankara unter anderem eine bessere Grenzsicherung vorgeschlagen, um PKK-Kämpfer daran zu hindern, vom Nordirak aus in die Türkei einzusickern und Anschläge zu verüben. Die Türkei betonte zwar, die irakischen Vorschläge seien gut gemeint; die Umsetzung der Pläne dauere aber zu lange: Gebraucht werde ein Vorgehen gegen die PKK, das „in sehr, sehr kurzer Zeit“ konkrete Ergebnisse bringe, sagte Außenminister Ali Babacan.

Die Türkei verlangt unter anderem die Festnahme und Auslieferung von PKK-Funktionären, die sich in Nordirak aufhalten. Als die irakische Delegation bei den Gesprächen in Ankara argumentierte, die PKK-Kämpfer hielten sich in schwer zugänglichen Bergregionen versteckt, verwies Babacan auf die vielen in Nordirak geführten Interviews mit PKK-Vertretern, die derzeit in den internationalen Medien erschienen. „Wenn Journalisten die (PKK-)Lager finden können, dann können Sie es doch sicher auch“, sagte Babacan den Irakern nach Angaben von Diplomaten.

Nicht nur die Iraker tun aus türkischer Sicht zu wenig, um der PKK das Leben schwer zu machen. Regierungschef Erdogan beklagte, auch Europa mache keine gute Figur. Die EU habe die PKK zwar als Terrororganisation eingestuft, doch sei bisher noch kein einziger PKK-Aktivist an die Türkei ausgeliefert worden. Erdogan bezog sich vor allem auf den Fall des PKK-Schatzmeisters Riza Altun, der im Sommer ungehindert von Frankreich über Österreich nach Nordirak reisen konnte.

Zudem wächst in Ankara die Ungeduld mit den USA. Vor rund einer Woche hatte US-Außenministerin Condoleezza Rice die Türkei um „ein paar Tage“ Zeit gebeten, um etwas gegen die PKK zu unternehmen. In Medienberichten war unter anderem von Plänen für US-Luftangriffe auf Stellungen der PKK im Norden Iraks die Rede. Zudem sollen angeblich unbemannte Spionageflugzeuge der USA nach Nordirak geschickt werden, um Daten über die genaue Lage von PKK-Stützpunkten an die Türkei zu liefern. US-Militärs sagten jedoch, amerikanische Einsätze gegen die PKK seien nicht geplant. Rice wird am kommenden Donnerstag zu mehrtägigen Gesprächen in der Türkei erwartet.

Türkische Beobachter bezweifeln, dass die amerikanische Regierung bis zum Treffen von Erdogan und Bush aktiv werden wird. Statt gegen die PKK einzuschreiten, sei das Weiße Haus nur daran interessiert, Zeit zu gewinnen, kritisierte die Zeitung „Vatan“ am Sonntag.

Auch das türkische Militär verschärft seine Haltung. Die Türkei werde die erlittenen Schmerzen ihren Feinden in einer Weise heimzahlen, „wie sie sich es nicht einmal im Traum ausmalen können“, drohte Generalstabschef Yasar Büyükanit in einer Grußbotschaft zum türkischen Nationalfeiertag an diesem Montag. Vor Journalisten unterstrich Büyükanit aber auch, dass bis zu Erdogans Rückkehr aus den USA kein Einmarsch beginnen werde. Nach Fernsehberichten vom Sonntag hat die türkische Armee inzwischen ihre Vorbereitungen für eine Invasion abgeschlossen: 150 000 Soldaten stehen demnach bereit.

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