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Die „Pille danach“ ist in der katholischen Kirche umstritten.

© Thilo Rückeis

Kurswechsel in der Katholischen Kirche?: Bischöfe entscheiden über „Pille danach“

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Zollitsch hält einen Kurswechsel in der katholischen Kirche bei der "Pille danach" für denkbar. Auf der Vollversammlung der Bischöfe in Trier soll eine Entscheidung fallen.

Die katholischen Bischöfe wollen auf ihrer Frühjahrsvollversammlung eine einheitliche Linie in Bezug auf die „Pille danach“ finden. Zu dem dreitägigen Treffen, das am Montagnachmittag begonnen hat, sind 66 deutsche Bischöfe und Weihbischöfe nach Trier gekommen. Es ist wahrscheinlich, dass sie sich dem Vorstoß des Kölner Kardinals Joachim Meisner anschließen werden. Dieser hatte Ende Januar überraschend erklärt, Präparate, die die Befruchtung der Eizelle verhinderten, seien nach einer Vergewaltigung „vertretbar“. Präparate, die die Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutter verhindern, seien aber nach wie vor abzulehnen. Bislang durften katholische Einrichtungen grundsätzlich keine „Pille danach“ verabreichen, da die Kirche das Medikament als Abtreibungsversuch wertete. Abtreibung widerspricht dem katholischen Menschenbild.

Im Januar war bekannt geworden, dass zwei katholische Krankenhäuser in Köln die Behandlung einer mutmaßlich vergewaltigten Frau ablehnten, weil die Ärzte fürchteten, mit der Patientin ein Gespräch über die „Pille danach“ führen zu müssen. Zuvor hatten Abtreibungsgegner einen „Kliniktest“ durchgeführt und Ärzte bei Kardinal Meisner denunziert, weil sie die Pille verschrieben hatten. Der Fall löste heftige Proteste aus.

„Die Betroffenheit über das, was in Köln passierte, ist auch unter den Bischöfen groß“, sagte der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch am Montag beim Auftakt der Vollversammlung in Trier. Zollitsch ist der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Er hält einen Kurswechsel bei der „Pille danach“ für möglich: „Wenn uns Mediziner bestätigen, dass es ein Präparat gibt, das nicht abtreibend wirkt, sondern nur die Befruchtung verhindert, dann ist das machbar.“ Abtreibungsgegner und auch einige Mediziner bezweifeln, dass sich die beiden Wirkungsweisen der „Pille danach“ so deutlich voneinander trennen lassen.

Erlaubnis aus Rom nicht notwendig

Die Bischöfe könnten das nur moraltheologisch bewerten. Für die medizinische Beurteilung habe man „Gutachten eingeholt“, sagte Zollitsch. Der Bischofskonferenz seien auch viele Gutachten unverlangt zugesandt worden, offenbar auch von Abtreibungsgegnern. „Auch die Argumente der Abtreibungsgegner müssen wir ernst nehmen“, sagte Zollitsch. Er erwarte jedenfalls eine „sachliche Diskussion“ unter den Bischofskollegen – „ohne Anfeindungen“.

Anfeindungen dürfte es auch deshalb nicht geben, weil diesmal Meisner, der sonst gerne andere lautstark kritisiert, die Linie vorgegeben hat. Er habe seinen Vorstoß mit Rom abgesprochen, sagte er. Selbst wenn nicht, hat sein Wort Gewicht in der Deutschen Bischofskonferenz. Denn Meisner hat viele Freunde in Rom, es heißt, auch Papst Benedikt schenke seinen Berichten über die katholische Kirche in Deutschland große Aufmerksamkeit.

Wenn man sich in Trier auf eine gemeinsame Position einigt, sei diese eine „Empfehlung“ für jeden deutschen Bischof, sie in seinem Bistum umzusetzen. Dafür brauche man nicht in Rom um Erlaubnis zu bitten, so Zollitsch. Letztlich ändert sich nichts an der bisherigen Lehre. Die Bischöfe profitieren lediglich davon, dass es heute offenbar einfacher ist, die beiden Wirkungsweisen der „Pille danach“ zu unterscheiden, als vor zwanzig Jahren.

Die Bischöfe wollen in Trier auch beraten, wie es bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle weitergehen soll. Im Januar hatten sie die Zusammenarbeit mit dem niedersächsischen Kriminologen Christian Pfeiffer aufgekündigt. Das Vertrauen war auf beiden Seiten zerstört. Mittlerweile streitet man sich vor Gericht über finanzielle Forderungen und darüber, wer was behaupten darf. „Wir bleiben an der Aufarbeitung dran“, versicherte Erzbischof Zollitsch. Man sei mit mehreren Forschern im Gespräch. Mit Missbrauchsopfern, die in Trier demonstrieren wollen, werden sich die Bischöfe aber nicht treffen. „Wir lassen uns nicht von außen bestimmen“, sagte Zollitsch in harschem Ton. Zugleich kritisierte er die Öffentlichkeit und die Medien, immer nur die negativen Aspekte der Kirche wahrzunehmen. „Das Gute und Große, das wir leisten, wird nicht gesehen.“ Deshalb könne er seinen Kollegen Meisner verstehen, der kürzlich in Deutschland „Katholikenphobie“ ausgemacht hatte.

Auch fünf Kardinäle, die den neuen Papst wählen werden, sind nach Trier gekommen. Die amtierenden Kardinäle Meisner (Köln), Woelki (Berlin), Marx (München) und Lehmann (Mainz) sowie Kurienkardinal Walter Kasper.

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