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Politik: La-Belle-Prozess: Muss die Justiz über Steiners Vernehmung entscheiden?

Im Prozess um den Bombenanschlag auf die Berliner Diskothek La Belle soll nach dem Willen des Vorsitzenden Richters, Peter Marhofer, nun der deutsche Botschafter in Washington, Jürgen Chrobog aussagen. Marhofer teilte gestern mit, die Bundesregierung sei nicht bereit, dem Kanzlerberater Michael Steiner eine Genehmigung für eine öffentliche Aussage in dem Verfahren zu erteilen.

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Im Prozess um den Bombenanschlag auf die Berliner Diskothek La Belle soll nach dem Willen des Vorsitzenden Richters, Peter Marhofer, nun der deutsche Botschafter in Washington, Jürgen Chrobog aussagen. Marhofer teilte gestern mit, die Bundesregierung sei nicht bereit, dem Kanzlerberater Michael Steiner eine Genehmigung für eine öffentliche Aussage in dem Verfahren zu erteilen. Auch wolle das Kanzleramt weiterhin nicht den Vermerk Steiners über dessen Gespräch mit Muammar al Gaddafi im März 2001 herausgeben.

Von Steiners Aussage und dem Vermerk erhofft sich das Gericht Auskunft darüber, ob Libyen eine Beteiligung an dem Bombenanschlag eingestanden hat. Diesen Eindruck hatte das vertrauliche Protokoll einer Unterredung von Steiner und Bundeskanzler Gerhard Schröder mit US-Präsident George Bush erweckt, das Chrobog verfasst hatte. Einer nichtöffentlichen Vernehmung Steiners hatte das Kanzleramt zugestimmt.

Möglicherweise soll die öffentliche Aussage Steiners vor dem Berliner Landgericht jedoch mit rechtlichen Mittel erzwungen werden. "Wir denken darüber nach", sagte Rechtsanwalt Hans-Joachim Ehrig, der die Nebenklage vertritt. Er erwäge, die Bundesregierung vor dem Verwaltungsgericht zu verklagen, eine öffentliche Aussage zu genehmigen. Nach Auffassung Ehrigs entspricht die Haltung der Bundesregierung in dieser Sache nicht der Rechtslage: "Das Kanzleramt befürchtet nach eigenen Angaben lediglich Nachteile für das Wohl des Bundes. Das genügt aber nicht", sagte der Rechtsanwalt. Weitere Gründe, die eine nichtöffentliche Aussage rechtfertigten, gingen aus der Argumentation der Regierung nicht hervor.

Das Kanzleramt beruft sich darauf, Gespräche zwischen Staats- und Regierungschefs seien grundsätzlich vertraulich. Das Berliner Landgericht sieht dagegen im Fall Steiner keinen Grund für den Ausschluss der Öffentlichkeit, kann aber eine Änderung der Aussagegenehmigung nicht von sich aus mit rechtlichen Mitteln herbeizwingen.

Sollte Steiner nur nichtöffentlich aussagen, könnte dies für den La-Belle-Prozess schwerwiegende Folgen haben. Eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes gilt nach der Strafprozessordnung als so genannter absoluter Revisionsgrund. Sollte sich bei einer Überprüfung des Urteils vor dem Bundesgerichtshof herausstellen, dass das Publikum zu Unrecht nicht bei der Aussage zugelassen war, muss das Verfahren vor dem Berliner Landgericht womöglich wiederholt werden.

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