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Politik: Ladenöffnungszeiten: Sonntags nie (Kommentar)

Berlin ist gut. Sachsen wäre besser.

Berlin ist gut. Sachsen wäre besser. Die Wirtschaftsstaatssekretäre der Bundesländer haben sich auf eine Neuregelung der Ladenöffnung geeinigt. Danach soll es möglich werden, die Geschäfte montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr, sonnabends bis 20 Uhr zu öffnen. Das ist im Wesentlichen der Inhalt einer Bundesratsinitiative, die das Land Berlin vor einem Jahr gestartet hat.

Immerhin: Für viele Menschen würde der nervöse Blick auf die Uhr gegen 18 Uhr 30 sich erübrigen, ob es denn noch zum Drogeriemarkt und anschließend in das Kaufhaus reicht - oder ob der Kauf des neuen Hemdes wieder auf den Sonnabend verschoben werden muss. Ein kleiner Erfolg für den Kunden. Wäre es nach den Sachsen gegangen, würde sich der Gesetzgeber mit Ausnahme des Sonntags jeglicher Vorschrift enthalten, wann der Laden auf oder zu sein soll.

Das wäre ordnungspolitisch sauber: Solange sich die Betroffenen - Handel, Kunden und Mitarbeiter - einig sind, besteht kein Grund dafür, dass der Staat regelnd eingreift. Geschützt wurde vom alten Ladenschluss immer nur die Branche - zu Lasten des Konsumenten. Aber ordnungspolitische Wunder dauern in Deutschland eben ein wenig länger. Und das Gesetz über den Ladenschluss galt vielen vor nicht allzu langer Zeit als eine besonders gelungene Errungenschaft des deutschen Modells.

Schlimmeres wurde jedenfalls verhindert. Der Städtetag hatte eine Privilegierung für die Geschäfte "Down Town" verlangt. Nach diesen Vorstellungen hätte auf der grünen Wiese schon zwei Stunden eher Schluss sein sollen. Gewiss, Factory Outlets, die jetzt überall entstehen, werden für die Kaufhäuser in den Innenstädten ungemütlich. Aber dagegen mit der Keule Ladenschluss anzukämpfen, wirkt wenig souverän.

Gemessen an solchen Alternativen ist der Konsens der Staatssekretäre tatsächlich ein Durchbruch - wenn auch noch kein Gesetz. Doch der Wirtschaftsminister hat signalisiert, dass er sich den Vorschlag der Länder zu eigen machen kann. Mit einer Liberalisierung der Öffnungszeiten könnte sich die rot-grüne Regierung durchaus sehen lassen. Es passt in das Konzept eines "Dritten Weges", der für mehr Eigenverantwortung und Selbstbestimmung plädiert. Unsichere Kantonisten bleiben die Gewerkschaften, zumal da die Regierung den Dritten Weg als Konsensprinzip verkaufen will. Aber vielleicht gelingt es dem Wirtschaftsminister ja, die Dienstleistungsgewerkschaften davon zu überzeugen, dass Schichtpläne und Ladenöffnung zwei Paar Stiefel sind und dass von einer Ausweitung der Teilzeitmodelle im Handel auch die Beschäftigten profitieren. Wenn das nicht überzeugt, wäre bei der Ladenöffnung auch ein bisschen Konflikt nicht schädlich.

Rainer Hank

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