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Politik: Ladenschlussgesetz: NRW-Ministerpräsident Clement ist weiter für die Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes - doch vorerst eher heimlich

Jürgen Möllemann arbeitete zielstrebig auf diesen Punkt zu. Er sprach von den veränderten Bedürfnissen der Konsumenten, erinnerte daran, dass viele nach Ladenschluss einfach ihren Computer anschalten und dann eben per Leitung alle möglichen Dinge bestellen.

Jürgen Möllemann arbeitete zielstrebig auf diesen Punkt zu. Er sprach von den veränderten Bedürfnissen der Konsumenten, erinnerte daran, dass viele nach Ladenschluss einfach ihren Computer anschalten und dann eben per Leitung alle möglichen Dinge bestellen. Mit zwei Worten beendete er diese Passage über das Ladenschlussgesetz. "Weg damit", rief er aus und drehte sich dann zu Wolfgang Clement, der in diesem Moment nicht besonders fröhlich wirkte. Während die 23 FDP-Abgeordneten ihrem Vorsitzenden kräftig applaudierten, knetete Clement seine Hände auf dem Tisch. Bis vor kurzem hätte er Möllemann aus vollem Herzen zugestimmt. Noch in der vergangenen Woche hatte sein Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold signalisiert, dass auch die Nordrhein-Westfalen ihr politisches Gewicht auf Länderseite in die Waagschale werfen, um den Ladenschluss weiter zu lockern. Seit Wochenbeginn darf daran gezweifelt werden, denn Gerhard Schröder hat Clement in die Pflicht genommen. "Wir muten den Arbeitnehmern viel zu, deshalb müssen wir vom Tempo gehen", gibt Clement seither in Düsseldorf als Parole aus - und dies wurde auch bei der Debatte um seine Regierungerklärung deutlich.

Schwanhold, sein neuer Wirtschaftsminister, wirkte ebenfalls reichlich betroffen bei dieser Passage von Möllemann, der sich die Vorlage aus Berlin natürlich nicht entgehen ließ. In die Debatte mischte er sich nicht ein, aber zumindest auf dem Landtagsflur hielt er Kurs: "Ich setze auf Zeit, weil ich wie Clement der Meinung bin, dass wir hier weiterkommen müssen."

Allzu laut sagt er das aber nicht, weil man mit den Gewerkschaften einen Burgfrieden geschlossen hat. Als Gegengeschäft zur Zustimmung der Arbeitnehmer zur Rente hat der Kanzler versprochen, weitergehende Regeln beim Ladenschluss von der Tagesordnung abzusetzen. "Wolfgang, Du musst mir da helfen", hat der Kanzler anschließend Clement gebeten und der hat eingewilligt. Clements neuer Arbeitsminister Harald Schartau, bis heute ein eingeschriebenes IG-Metall-Mitglied, hatte schon öffentlich Front gegen den Kollegen Schwanhold gemacht. "Wir dürfen jetzt keine Nacht- und Nebelaktion starten", hatte er den Elan der Wirtschaftsministerkonferenz gebremst und darauf verwiesen, dass er in Düsseldorf federführend bei diesem Thema ist.

Ganz so groß, wie es auf den ersten Blick scheint, ist der Konflikt allerdings nicht. "Die zeitlichen Restriktionen werden sich verändern", gibt auch Schartau zu und für ihn ist klar, dass die Läden künftig länger geöffnet sein werden. Schartau sieht allerdings verschiedene Stellschrauben: "Die Bedürfnisse der Konsumenten, die Wettbewerbssituation im Einzelhandel und die Bedürfnisse der Arbeitnehmer." Er möchte vor einer neuen Veränderung zum Beispiel prüfen, wie sich eine weitergehende Liberalisierung auf die kleinen Händler in der Innenstadt auswirkt, die mit zusätzlicher Konkurrenz auf der grünen Wiese rechnen müssen. Bei Schwanhold ist diese Botschaft angekommen, er will jetzt ein Gutachten zu dieser Frage in Auftrag geben. Die Ergebnisse werden frühestens im kommenden Jahr vorliegen. Nur in einem Punkt lässt Clement auch dann nicht mit sich reden: "Der Sonntag muss heilig bleiben".

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