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Politik: Länder-Grüne wollen Studenten zahlen lassen

Fraktionschef aus Baden-Württemberg stellt sich gegen die Bundespartei – und schlägt eigenes Modell vor

Berlin - Bei den Grünen wächst der Druck auf die Parteiführung, die strikte Ablehnung von Studiengebühren aufzugeben. Zudem gehen mehrere Landesverbände auf Distanz zur rot-grünen Koalition, soweit es bildungspolitische Aspekte bei der Föderalismusreform betrifft. Im Gegensatz zu grünen Bundespolitikern und auch der SPD wollen die Landes-Grünen die Möglichkeiten des Bundes in der Bildungspolitik stutzen.

Der Grünen-Fraktionschef in Baden- Württemberg, Winfried Kretschmann, sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Die Neinsagerei bei den Studiengebühren ist abwegig.“ Die Grünen sollten sich schnell auf ein eigenes Modell der Studienfinanzierung verständigen. In der Bundesstaatskommission sei unstrittig, dass es künftig Sache der Länder sein werde, über Studiengebühren zu entscheiden. Darauf müssten sich die Grünen einstellen. Zudem sei es möglich, dass das Bundesverfassungsgericht das Verbot von Gebühren für das Erststudium durch Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) demnächst kassieren werde.

In einem Brief an die Bundesspitzen der Grünen schreibt die Stuttgarter Fraktionsvizechefin Theresia Bauer, die Partei sei in dieser Frage „nicht gut aufgestellt“. Die Zeit sei reif, dass von den Grünen bei dem Thema „mehr als allgemeiner Hau-drauf kommt“. Die Partei müsse durch eine „eigenständige Positionierung im Bund erkennbar und politisch handlungsfähig werden“. Bauer fürchtet einen Domino-Effekt: Wenn die ersten Unions-Länder Gebühren einführten, würden auch SPD-Länder bald folgen. Kretschmann fragt: „Warum sollen Kindergärten gebührenpflichtig sein, nicht aber das Studium?“

Parteichef Reinhard Bütikofer wies den Vorstoß umgehend zurück. Ein kleiner Parteitag im Mai habe die Forderung der Baden-Württemberger bereits abgelehnt. Die Bundes-Grünen und die SPD wollen bislang ein gebührenfreies Studium bis einschließlich der Magister-Studiengänge.

Die Südwest-Grünen schlagen dagegen vor, das Studium solle nur bis zum Bachelor-Abschluss kostenlos sein, also in der Regel sechs Semester. Danach soll es eine Eigenbeteiligung der Studenten durch eine „nachlaufende Finanzierung ab Erwerbstätigkeit und einer Mindesteinkommenshöhe“ geben.

Viele Landes-Grüne wollen die Länder zudem auch bei der Regelung der Hochschuldemokratie entscheiden lassen. Im Gegensatz zu Bulmahn will Kretschmann die Frage der verfassten Studentenschaft den Landtagen überlassen.

Auch bei einem Vorzeigeprojekt Bulmahns, der Bundesförderung von Ganztagsschulen mit insgesamt vier Milliarden Euro über vier Jahre, zeigen sich die Landes-Grünen skeptisch. In einem Papier für die Bundesstaatskommission bezeichnen die Fraktionschefs von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein das Projekt als problematisch. „Durch die Anreize des Bundes kann es zu erheblichen Fehlsteuerungen kommen“, heißt es. Der Grund: Der Bund könne nur Investitionsmittel für den Bau geben, die personelle Ausstattung und die Inhalte aber müssten die Länder finanzieren. Die Grünen-Fraktionschefs plädieren dafür, generell den Ländern in ihrem Kernbereich Bildung mehr Spielraum ohne Einmischung des Bundes zu geben.

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