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Länderfinanzausgleich: Gutachter fordern mehr Transparenz und weniger Ausgleich

Die Verhandlungen zum neuen Bund-Länder-Finanzausgleich sind schwierig. Ein neues Reformmodell könnte den Weg weisen - doch müsste der Bund dann draufzahlen.

In zwei Wochen soll eigentlich ein Kompromiss stehen zur Reform des Länderfinanzausgleichs. Dann treffen sich die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin, das übliche halbjährliche Treffen war seit langem als Entscheidungstermin angepeilt. Doch die Zweifel wachsen, dass es zu einer Entscheidung kommt. Nicht nur der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sieht die Verhandlungen als "festgefahren" an. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) ist nur noch "verhalten optimistisch". Schon ist von einer Vertagung in den Herbst die Rede, oder sogar bis ins Jahr 2016 hinein. Das Problem: Die Ministerpräsidenten kommen untereinander nicht zu einer Lösung, weil vor allem die finanzschwächeren Länder - die im Osten, aber auch Niedersachsen oder Schleswig-Holstein - an allen bisherigen Kompromissplänen etwas auszusetzen haben. Sie streben letztlich eine Verlängerung des Status quo an, der ihren Interessen am ehesten dient. Dagegen wollen die Zahlerländer Entlastungen, während die Gruppe der westdeutschen Länder, die nicht in den Ausgleich einzahlen, aber auch relativ wenig bekommen, auf Änderungen zu ihren Gunsten hoffen. Allen voran Nordrhein-Westfalen will eine Reform, die seine Position zumindest optisch verbessert. Da die derzeitige Regelung zum Finanzausgleich 2019 ausläuft, muss eine Nachfolgeregelung gefunden werden.

"Leitlinien für mögliche Reform"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat unlängst Vorschläge gemacht, die beim bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) auf keine Gegenliebe stießen und auch die Ostdeutschen nicht befriedigte. Nun hat der Wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums einen Reformvorschlag gemacht, der zu mehr Transparenz und einem geringeren Ausgleichsgrad zwischen den Ländern führen soll - durchaus nahe an den Vorstellungen Schäubles. Der sprach von einem "wertvollen Beitrag" mit "wichtigen Leitlinien für mögliche Reformalternativen".

Der Ausgleichsgrad zwischen den Ländern sei im derzeitigen System „sehr hoch“, heißt es in dem Gutachten. Er nehme vor allem finanzschwachen Ländern die Möglichkeit, durch eigene höhere Steuereinnahmen ihre Finanzsituation zu verbessern. Die Redzuzierung des Ausgleichgrads wird auch mit den regionalen Unterschieden etwa bei den Preisen begründet, die in schwächeren Ländern regelmäßig niedriger seien. „Die fast vollständige Angleichung der nominalen Finanzkraft führt daher zu Umkehrungen in der kaufkraftbereinigten Finanzkraft“, heißt es in dem Papier. Konkret bedeutet dies, dass nach Ansicht der Gutachter eine Übernivellierung im Finanzausgleich stattfindet, die schwächeren Länder also besser wegkommen, als es unbedingt nötig wäre.

Gegen Verschleierung

Konkret schlägt der Beirat mehrere Änderungen am bestehenden System vor. Vor allem sollte der so genannte Umsatzsteuervorwegausgleich zwischen den Ländern wegfallen, der die tatsächliche Verteilwirkung verschleiert. In ihm wird bereits ein Teil der Umsatzsteuer nach Finanzkraft zerlegt, was vor allem den ostdeutschen Ländern nutzt. Der Beirat empfiehlt, die Umsatzsteuer nur noch nach der Einwohnerzahl zu verteilen. Das ist die Kernforderung von Nordrhein-Westfalen, der sich Schäuble angeschlossen hat. Zudem soll die Finanzkraft der Kommunen künftig vollständig einbezogen werden, nicht nur zu etwa zwei Dritteln wie bisher. Das lehnen jedoch die Länder mit finanzkräftigen Gemeinden bisher strikt ab, voran Bayern und Baden-Württemberg. Die höhere Einwohnerwertung für Länder mit besonders geringer Bevölkerungsdichte solle abgeschafft werden (die Einwohnerveredelung für die Stadtstaaten halten die Gutachter jedoch für akzeptabel). Zudem schlägt der Beirat Änderungen in der Berechnung des Ausgleichstarifs vor, die  letztlich die Zahlerländer entlasten würde.

Allerdings würde in diesem Reformmodell der Umfang der Bundesergänzungszuweisungen, der letzten der vier Stufen im bisherigen System, wachsen – zu Lasten von Schäubles Etat. Nach den Berechnungen des Beirats müsste der Bund etwa 1,5 Milliarden Euro mehr zuschießen. Unter den Ländern gäbe es keine Verlierer. Hauptgewinner nach absoluten Summen wären Nordrhein-Westfalen mit einem Plus von 665 Millionen Euro (nach den Zahlen für 2014), Bayern würde um 370 Millionen Euro entlastet, Rheinland-Pfalz hätte 160 Millionen mehr im Etat. Entlastet würden auch die Zahlerländer Baden-Württemberg (127 Millionen) und Hessen (106 Millionen). Die Hauptprofiteure im Finanzausgleich, die ostdeutschen Länder sowie die Stadtstaaten, hätten keine oder nur sehr geringe Zuwächse - aber auch keine Verluste.

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