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Der Nehmer-Bär. Die Zuflüsse nach Berlin aus anderen Bundesländern sind umstritten.

© dpa/Picture Alliance

Länderfinanzausgleich und Steuerautonomie: Unterschiedliche Steuersätze je nach Bundesland - eine gute Idee

Bayern und Baden-Württemberg wollen mehr Autonomie für die Länder bei der Einkommensteuer. Ein Berliner müsste dann wohl mehr zahlen als Münchner. Die Sache hat trotzdem etwas für sich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Leber

Wäre es in Ordnung, wenn auf 50.000 in Berlin verdiente Euro 11.000 Euro an Steuern fällig würden, in München aber 9000 Euro? Die Antwort wird unterschiedlich ausfallen, je nach aktuellem Aufenthaltsort. Die Frage rührt aber auch an einem deutschen Tabu. Es mag an der jahrhundertealten und tief im Unterbewussten verankerten Angst vor „Kleinstaaterei“ liegen, vor dem Zerfall ins Zwergenhafte. Eine preußisch geprägte Philosophie der Gleichheit und Einheit wirkt stärker als der Drang nach Freiheit und lokaler Selbstbestimmung. Einen souveränen Umgang mit seiner föderalen Struktur hat Deutschland bis heute nicht gefunden – was seltsamerweise kein Hindernis zu sein scheint, wenn es darum geht, einen europäischen Bundesstaat zu fordern.

Föderalisten von Herzen wie Schweizer oder Amerikaner jedenfalls sind die Deutschen trotz alliierter Anstrengungen nicht geworden – weshalb auch die Bewegung für eine Abspaltung Schottlands hier eher mit Verwunderung als mit Verständnis aufgenommen wurde. Das CSU-geführte Bayern und das grün-rot regierte Baden-Württemberg ziehen insofern gegen ein deutsches Trauma zu Felde, wenn sie jetzt die Möglichkeit von regionalen Zu- oder Abschlägen bei der Einkommensteuer fordern. Unterstützt werden sie dabei von der Bundesbank. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat zum Auftakt der Verhandlungen über einen neuen Finanzausgleich wissen lassen, er könne sich Derartiges vorstellen.

Wobei ihn wohl vor allem taktische Überlegungen leiten. Sollen sich die Länder ruhig zerstreiten, mag Schäuble sich denken – den Bund bringt das in eine bessere Verhandlungsposition. Nur scheinbar großzügig war bereits sein Angebot, den Ländern einen Teil des dem Bund zustehenden Spielraums bei der Schuldenbremse zu überlassen. Der EU-Bundesstaat, der Schäuble vorschwebt, ist ein zentralistischer. Genauso wie Deutschland ein verkappter Einheitsstaat ist – und trotz südlicher Widerstände auch bleiben wird.

Gespart wird im Moment nur da, wo es der Bürger spürt - bei Schule und Bildung zum Beispiel

Der historisch begründete Hang zur Zentralisierung ist allerdings deshalb zu bedauern, weil er am Ende nicht zu besseren Ergebnissen führt. Das vom Bund betriebene Schuldenverbot für die Länder wird das noch zeigen. Nur in ganz geringem Umfang können Landespolitiker darüber entscheiden, wofür sie Geld ausgeben wollen – weil die Etatposten für Personal und Pensionen wie in Stein gemeißelt sind, die meisten Länderleistungen durch Bundesgesetze geregelt werden. Gespart werden kann im Zweifelsfall nur da, wo die Folgen besonders zu spüren sind. Bei Schule und Bildung zum Beispiel oder bei Investitionen in Straßen und Wohnungen.

Ein Berliner müsste wohl tatsächlich höhere Steuern zahlen, wenn man den Ländern eine begrenzte Steuerautonomie zugestehen würde. Würde er dafür auch bessere Leistungen bekommen? Der Anreiz für die Landespolitik zumindest wäre größer, neue Unternehmen anzulocken, die Einnahmen zu steigern und so auch wieder Steuern senken zu können. Bisher ist eher das Gegenteil der Fall: Mehr Geld zu haben, lohnt sich nicht. Das aber ist paradox.

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