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Längere Laufzeiten: Pflüger will neuen Atomkonsens

CDU-Politiker Friedbert Pflüger spricht sich in der Deabtte um die künftige Nutzung von Atomkraftwerken für längere Laufzeiten, aber gegen Neubauten aus. In der SPD-Spitze stoßen solche Planspiele allerdings auf Ablehnung.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Berlin - Im Streit um längere Atomlaufzeiten schlägt der Berliner CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger einen zweiten Atomkonsens vor. „Wir sollten mit den Energieversorgern einen Atomkonsens II vereinbaren“, sagte Pflüger dem Tagesspiegel. In einer solchen Vereinbarung sollten längere Laufzeiten für „moderne und sichere“ Atomkraftwerke festgeschrieben werden. „Aber die Versorger dürfen nicht nur das zusätzliche Geld kassieren“, sagte der CDU-Politiker. Vielmehr müsse sich die Industrie im Gegenzug verpflichten, einen Teil der Gewinne in einen Fonds zur Erforschung und für den Ausbau regenerativer Energien fließen zu lassen.

„In der Nutzung der Sonnenkraft und anderer regenerativer Energien sind wir technologisch ungefähr auf dem Stand der Autoindustrie im Jahre 1905“, sagte er. „Da steckt ein enormes Potenzial für Wachstum und Arbeitsplätze gerade in unserer heimischen Wirtschaft.“ Die Forderung der SPD, den Atomausstieg in die Verfassung zu schreiben, lehnte Pflüger ab. „Das gehört nicht ins Grundgesetz“, sagte er. „Die SPD muss von ihrer ideologischen Festlegung hinsichtlich der Laufzeiten runterkommen.“ Diese Frage müsse pragmatisch vor dem Hintergrund gestiegener Energiepreise und wachsender internationaler Abhängigkeiten gelöst werden.

Der CDU-Politiker erteilte aber auch Forderungen nach einem Neubau von Atomkraftwerken eine klare Absage. „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als ob die Kernkraft die Lösung aller Probleme wäre“, sagte er. Als „Brückentechnologie“ für eine Übergangszeit sei Atomenergie notwendig, die Zukunft gehöre aber regenerativen Energien.

Das sehen allerdings auch in der CDU nicht alle so. Junge-Union-Chef Philipp Mißfelder trat am Dienstag dafür ein, langfristig auch auf „Ausbau der Kernenergie durch Neubauten“ zu setzen. Auch Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) hat schon davor gewarnt, einen Ausstieg aus der Atomtechnik ein für alle Mal festzuschreiben.

Keinerlei Abweichen vom seit 2001 geltenden Atomkonsens will hingegen SPD-Chef Kurt Beck zulassen. Beck sagte der „Neuen Westfälischen“ Zeitung: „Am von Rot-Grün vereinbarten und der großen Koalition bestätigten Ausstieg halten wir fest.“ Wenn die Energieversorger jüngere Atomkraftwerke länger laufen lassen wollten, müssten sie dafür ältere Meiler schneller vom Netz nehmen. „Das steht so im Atomkonsens“, betonte der SPD-Vorsitzende.

Den Vorschlag von Erhard Eppler, die Atomlaufzeiten zu verlängern, wenn im Gegenzug der langfristige Verzicht auf Atomenergie im Grundgesetz festgeschrieben wird, interpretierte Beck nicht als Angebot, sondern lediglich als Versuch, die Union bloßzustellen. Eppler wolle damit „die Union zu einer klaren Haltung zwingen“. Im gleichen Sinne hatte am Montag schon SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nach einer Schaltkonferenz des SPD-Präsidiums den Vorstoß des Parteifreunds Eppler ausgelegt. Eppler hatte im „Spiegel“ angeregt, „einige Meiler ein paar Jahre länger laufen zu lassen“, wenn im Gegenzug im Grundgesetz ein Verzicht auf jeden Neubau verankert würde.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft IGBCE, Hubertus Schmoldt, plädierte dafür, die Möglichkeiten im vorhandenen Atomkonsens umfassend auszuschöpfen. „Das Gesetz ist beschlossen und es gilt nach wie vor. Das Gesetz ermöglicht allerdings auch Flexibilität, das wird gelegentlich übersehen“, sagte Schmoldt dem Tagesspiegel. „Statt einer simplen Addition von Jahren könnte die Restlaufzeit der Kernkraftwerke vom Sicherheitsnachweis der Anlagen abhängig gemacht werden.“ Außerdem wäre die Bundesregierung gut beraten, die Kernenergieforschung wieder zu unterstützen und zu fördern. „Damit könnte gerade auch international zu mehr Sicherheit beigetragen werden“, sagte Schmoldt. „Dieser Verantwortung muss man sich stellen.“

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