zum Hauptinhalt

Politik: Lafontaine reißt als Volkstribun die Stimmung herum

Als Oskar Lafontaine die Halle in einem Kölner Konferenzzentrum betritt, wird es laut. Etwa die Hälfte der Delegierten applaudiert herzlich, die andere Hälfte begrüßt den ehemaligen SPD-Chef am Samstag mit Buh-Rufen und Trillerpfeifen.

Köln (18.06.2005, 18:43 Uhr) - «Wir können uns hier kein Diktat von Oskar Lafontaine gefallen lassen», ruft ein Delegierter. Lafontaine gibt sich beim Parteitag der nordrhein-westfälischen Wahlalternative für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) unbeeindruckt.

«Wir brauchen auch medienwirksame Persönlichkeiten wie Lafontaine», ruft der nordrhein-westfälische Vorsitzende Hüseyin Aydin. Doch das alles ist nur ein Vorspiel. Als Lafontaine ans Rednerpult schreitet, kippt die Stimmung.

«Es besteht die Gefahr, dass zwei linke Parteien gegeneinander kandidieren», warnt Lafontaine die Kritiker eines Linksbündnisses mit der PDS. Ein gemeinsamer Name sei unbedingt nötig. Das Wahlbündnis habe schon jetzt eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung: «Das ist fast ein Wunder.» Jetzt gehe es darum, diese «historische Chance» nicht zu verspielen, beschwört Lafontaine die 162 Delegierten.

Der Saarländer redet sich warm. Leidenschaftlich schimpft er über die Sozialreformen der rot-grünen Bundesregierung, plädiert für Staats-Investitionen und Steuererhöhungen für Reiche. «Wir machen ernst damit, dass wir nicht schulterzuckend zugucken, wie Fleischer oder Fliesenleger ihre Arbeit verlieren und ihre Familien nicht mehr ernähren können.» Am Ende applaudieren die Delegierten stehend ihrem neuen Spitzenkandidaten.

Im kurzärmligen Hemd lauscht der ehemalige Minister im Kabinett Schröder den Delegierten der neuen Linkspartei. Bei denen klingt immer wieder die Angst vor der PDS durch. Lafontaine nimmt die Stimmung auf: «Es ist mit mir nicht zu machen, dass die PDS die WASG unfair behandelt», beruhigt der Saarländer und wird schließlich trotz eines Gegenkandidaten mit breiter Mehrheit gewählt: 124 von 162 Delegierten stimmen für den prominenten Ex-Sozialdemokraten, der nun im Fall einer Neuwahl des Bundestags auf Platz eins der nordrhein- westfälischen WASG-Liste antreten wird. «Nur der Oskar wird uns wirklich Rückenwind geben», meint ein Delegierter. Lafontaine verschwindet wenig später mit einem Lächeln auf den Lippen.

(Von Frank Überall, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false