zum Hauptinhalt
Christiane Lambrecht, Bundesverteidigungsministerin.

© dpa / Valeria Mongelli

Update

Poser-Bild im Bundeswehr-Helikopter: Lambrecht nahm Foto von ihrem Sohn selbst auf

Nach einem Gerichtsbeschluss schafft das Verteidigungsministerium erstmals Transparenz. Die Politikerin will nichts davon gewusst haben, dass das Bild bei Instagram landen würde.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat das Foto ihres Sohnes bei einem Helikopterflug mit der Bundeswehr-Flugbereitschaft selbst angefertigt. Das teilte eine Sprecherin des Ministeriums am Mittwoch auf Anfrage des Tagesspiegels mit.

Davon, dass der Sohn es auf seinem Instagram-Profil posten würde, will Lambrecht allerdings nichts gewusst haben. „Es bestand keine Kenntnis davon, dass es in den sozialen Medien veröffentlicht werden würde.“ Wann und auf welche Weise Frau Lambrecht später von der Veröffentlichung erfahren habe, könne „nicht mehr nachvollzogen werden“, hieß es.

Zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfahlen in Münster eine Beschwerde der Ministerin gegen einen Beschluss des Kölner Verwaltungsgerichts zurückgewiesen, der Lambrecht und ihr Ministerium zu entsprechenden Auskünften verpflichtete (Az.: 15 B 1029/22).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Ministerin wirft dem Tagesspiegel „Schlüsselloch-Journalismus“ vor

Die Einschätzung der Ministerin, es habe sich bei dem Geschehen ausschließlich um eine Privatsache gehandelt, hat sich damit – rechtskräftig – als falsch herausgestellt. Das Foto gehöre in die „dienstliche Sphäre“ der Ministerin, heißt es im OVG-Beschluss.

Es sei „während eines dienstlich veranlassten Flugs und damit zeitlich und räumlich untrennbar im Zusammenhang mit einem Dienstgeschäft der Ministerin entstanden“. Die Ministerin musste damit auch ihr Wissen darüber offenlegen, wie das Foto ins Internet gelangen konnte.

Lambrecht war kurz vor Ostern in Begleitung ihres Sohnes zu einem Truppenbesuch nach Schleswig-Holstein geflogen. Weil es tags darauf mit dem Auto zum gemeinsamen Sylt-Urlaub weiterging, kam der Verdacht auf, das Arrangement könne einer komfortablen Anreise gedient haben, was Lambrecht bestritt.

Öffentlich bekannt wurde der gesamte Vorgang nur dadurch, dass der Sohn ein Foto von sich im Hubschrauber im sozialen Netzwerk Instagram veröffentlichte.

Hoffentlich lernt die Bundesverteidigungsministerin daraus, dass sie nicht nach ihrem eigenen Belieben festlegen darf, was Privatsphäre ist und wo das öffentliche Interesse anfängt.

Der Deutsche Journalisten-Verband zum Gerichtsbeschluss

Auffällig viele Fragen zur Reise ließ das Verteidigungsministerium unbeantwortet. Man beschränkte sich wesentlich darauf kundzutun, dass alles rechtmäßig gelaufen sei.

Nachdem der Tagesspiegel beim Verwaltungsgericht Köln einen Eilantrag auf behördliche Auskünfte gestellt hat, kam zwar eine Reihe von Informationen – die Fragen nach dem Foto und einer möglichen Mitwirkung der Ministerin blieben aber offen. Lambrecht reklamierte Privatsphäre und beklagte „Schlüsselloch-Journalismus“.

Die Ministerin hat Amtsgeschäfte und und Privates verwoben, stellen die Gerichte fest

Schon das Kölner Gericht ließ das nicht gelten. Das Foto habe „einen hinreichenden Bezug zum Amt als Bundesverteidigungsministerin“ und einen „unmittelbaren Bezug zur Bundeswehr“. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Ministerin müsse hier gegenüber dem journalistischen Auskunftsanspruch zurücktreten (Az.: 6 L 978/22).

Zudem habe die Ministerin „aus freien Stücken ihre privaten Belange mit der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte verwoben.“ Geheim bleiben dürften nur Details zu ihrer Hotelbuchung auf Sylt.

Die Ministerin wollte das nicht akzeptieren und legte Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht ein. Von dort holte sie sich jetzt erneut eine Abfuhr. Ihre Argumentation, wonach die Entstehung des Foto so privat sei wie ein privates Gespräch an Bord oder die private Lektüre eines Buchs, wies das Gericht zurück.

Es komme hier auf eine „Gesamtschau“ der Umstände an. Schließlich zeige das Bild „nicht nur den Sohn der Ministerin, sondern auch den Hubschrauber der Bundeswehr“. Durch diese „nach außen tretende Sichtbarkeit des dienstlichen Flugobjekts wird ein inhaltlicher Bezug des Fotos jedenfalls auch zur Dienstreise der Ministerin und damit deren Dienstausübung hergestellt.“

Schutzwürdige Belange, die Lambrecht zur einer Verweigerung der Auskunft berechtigen würden, konnte das Gericht keine finden. Im Gegenteil, es bekräftigte in seiner Abwägung, dass die Ministerin hier Dienstliches und Privates miteinander verwoben habe.

Demgegenüber habe der Tagesspiegel ein „berechtigtes Interesse an der Informationsübermittlung dargelegt“, das nach wie vor aktuell sei.

Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßte die klaren Worte des OVG: „Das Gericht hat das Auskunftsrecht der Journalistinnen und Journalisten gestärkt – und das ist gut so. Hoffentlich lernt die Bundesverteidigungsministerin daraus, dass sie nicht nach ihrem eigenen Belieben festlegen darf, was Privatsphäre ist und wo das öffentliche Interesse anfängt. Im Fall des Hubschrauberflugs jedenfalls hatte die Öffentlichkeit weitaus größere Rechte als Christine Lambrecht und ihr Sohn.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false