zum Hauptinhalt

„Land zurückholen und stärken“: CNN-Reporter Pleitgen treibt Lawrow-Sprecherin mit Zitaten von Putin in die Enge

Gibt Putin mit seinem Zarenvergleich zu, internationales Recht zu brechen? Was eine Sprecherin des russischen Außenministeriums antwortet.

Eines von Putins Vorbildern, so wissen wir inzwischen, ist der russische Zar Peter der Große. Der eroberte vor 300 Jahren den Ostseeraum von den Schweden. Und Putin will es ihm laut eigener Aussage gleichtun.

Wichtig für den aktuellen Kremlherrscher: Peter der Große habe kein Land genommen, sondern rechtmäßig zurückgeholt. „Offenbar ist es auch unser Los: Zurückzuholen und zu stärken“, sagte der russische Präsident vergangene Woche und spielte damit sowohl implizit auf die Ukraine als auch explizit auf Territorium in Estland an. Konkret nannte er eine Stadt in Estland, die Peter erobert hatte.

Putins Vergleich mit Peter dem Großen schlug Wellen, vor allem die baltischen Staaten fühlen sich von der Aussage bedroht.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen.]

Auf Putins historischen Diskurs und seine Ziele sprach am Donnerstag der CNN-Reporter Frederik Pleitgen eine Sprecherin des russischen Außenministeriums an. Die Pressekonferenz fand im Rahmen des Wirtschaftsforums in St. Petersburg statt, das in diesem Jahr ohne Gäste aus dem Westen auskommen muss.

„Land zurückholen und stärken – und zwar das Territorium anderer Länder – ist das nicht das Eingeständnis, internationales Recht zu brechen?“, fragte der Reporter die Sprecherin in Anspielung auf Putins Aussagen.

Sprecherin verweist auf ein Referendum

Die Pressesprecherin fühlt sich sichtlich angegriffen und weicht einer inhaltlichen Antwort zunächst aus: „Warum sprechen Sie in diesem Ton mit uns, wenn Sie unsere Regierung hinterfragen, aber nicht wenn es um Ihre eigene geht“, sagt sie.

Dann verweist Sie auf das Referendum von 2014 in den Donbass-Regionen Luhansk und der Donezk. Nach Angaben von prorussische Separatisten hatten rund 90 Prozent der Bevölkerung damals für die Eigenständigkeit der Regionen gestimmt. Von der EU und den USA ist die Abstimmung nicht anerkannt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Pleitgen lässt nicht locker und wiederholt seine Frage. Es gehe um den Einmarsch auf souveränes Gebiet eines anderen Staates. Die Pressesprecherin versucht den Spieß umzudrehen, indem sie die Diskussion auf die USA lenkt.

Was sei denn die rechtliche Grundlage des Einmarschs in den Irak gewesen, fragt sie. „Wir reden jetzt nicht über Irak“, unterbricht sie Pleitgen. „Ihr überfallt ein anderes, souveränes Land. Brecht ihr damit nicht internationales Recht?“, fragt er zurück.

Die Sprecherin: "Über welche Gebiete sprechen Sie denn genau".

Pleitgen zählt auf: "Das Gebiet am Asowschen Meer (also die Gegend um Mariupol, Anm. d. Red.), die Invasion in Richtung Kiew, große Teile der Oblaste Luhansk und Donezk, die bisher unter der Kontrolle des ukrainischen Militärs waren. Dann gibt es da noch die Region um Cherson..."

Pressesprecherin lenkt das Gespräch immer wieder auf die USA

Lawrows Sprecherin antwortet, dass sie keine Informationen über Kiew habe. Vielleicht habe Pleitgen mehr Informationen als sie und wiederholt, dass Luhansk und Donezk anerkannte russische Gebiete seien. „Das ist der Wille der Bevölkerung“, sagt sie.

Aber der CNN-Reporter gibt sich nicht zufrieden.

Er fragt: „Wenn der russische Präsident sagt, dass das, was in der Ukraine passiert, die rechtmäßige Rückeroberung und Stärkung eigentlich russischer Gebiete ist, können Sie mir bitte erklären: Was bedeutet das, wo hört es auf und ist es nicht eine Verletzung internationalen Rechts?“

Mehr zum Ukraine-Krieg bei Tagesspiegel Plus:

Daraufhin antwortet die Sprecherin: „Sie werfen mir vor, Ihre Frage nicht richtig zu beantworten. Ich beantworte sie aber, vielleicht gefällt Ihnen einfach nicht die Art und Weise, wie, weil es nicht ihr Blick auf die Welt ist."

Wieder versucht sie das Thema auf die militärischen Einsätze der USA zu lenken. "Die USA haben behauptet, dass sie einzigartig sind. Wir sagen: Dieses Konzept ist falsch. Ich kann Ihnen sagen: Die US-Truppen, die gerade in Syrien sind, niemand hat sie gebeten zu kommen."

Dann endet der Dialog.

Gegenüber dem CNN-Moderator Anderson Cooper gibt Pleitgen anschließend eine pessimistische Einschätzung: „Russland wird nicht stoppen, bevor es seine Ziele in der Ukraine erreicht hat", sagt er im Interview.

Russland geht gegen kritische Journalisten vor

Frederik Pleitgen ist Auslandskorrespondent beim US-Nachrichtensender CNN. Zuletzt war er sechs Wochen lang als Kriegsreporter in der Ukraine. Zuvor hat der gebürtige Kölner unter anderem in den Hauptstadtbüros von ZDF und RTL gearbeitet.

Pleitgen geht mit seinen kritischen Fragen und Nachfragen durchaus ein Risiko ein. Russland geht schon lange gegen kritische Journalisten vor und hat vermehrt Warnungen auch an internationale Medienvertreter gerichtet. Zahlreiche westliche Journalisten verließen daraufhin das Land.

In einem wichtigen Punkt machte er sich für die Medienwächter des Kremls aber nicht angreifbar. Pleitgen sprach dem offiziell vorgegebenen Begriff entsprechend von "einer speziellen militärischen Operation" und nicht von einem Krieg in der Ukraine. Pleitgen nannte das, was passiert, trotzdem beim Namen: "Invasion in die Ukraine".

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false