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Landesparteitag: Hessen SPD: Andere Köpfe, gleiches Programm

Hessens SPD versucht auf ihrem Parteitag einen halben Aufbruch aus der Ära Ypsilanti. Doch der Kurs der ehemaligen Vorsitzenden wird bestätigt. Die vier Abweichler hingegen, an denen die Regierungsübernahme scheiterte, werden ins Abseits gestellt.

Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Christean Wagner ist die Sache klar: Auf dem Landesparteitag in Darmstadt übernehmen heute "Ypsilantis Scharfmacher" die Führung der Hessen-SPD. In Darmstadt wird Thorsten Schäfer-Gümbel nach dem Landtagsfraktionsvorsitz auch den der Partei übernehmen als Nachfolger von Andrea Ypsilanti, die am Samstag ihre Abschiedsrede hält.

Wagner spielt darauf an, dass der designierte SPD-Landesvorsitzende "TSG" und sein künftiger Generalsekretär, der Bundestagsabgeordnete Michael Roth, Ypsilantis Kurs stets mitgetragen haben. Nach dem gefühlten Wahlsieg bei der Landtagswahl (36,7 Prozent) letztes Jahr auf dem Parteitag in Hanau hatte sich Schäfer-Gümbel sogar für den Beschluss starkgemacht, eine große Koalition mit der CDU dezidiert auszuschließen. Doch die Partei, die den Kurs auf eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Duldung der Linken mit einer 93- und 98-prozentigen Zustimmung der Parteitagsdelegierten eingeschlagen hatte, hat natürliche Schwierigkeiten, Personal für einen vollständigen Neuanfang zu bekommen.

Offenbar will sie ihn auch nicht: Auch der Leitantrag, der heute in Darmstadt verabschiedet werden soll und den die neue Führungsmannschaft ausgearbeitet hat, enthält nämlich neben Selbstkritik das Bekenntnis zum politischen Kurs der ehemaligen Partei- und Fraktionschefin. Vom schwerwiegenden Glaubwürdigkeitsverlust ist zwar die Rede. Die hessische SPD nimmt auch zur Kenntnis, dass ihr Kurs zur Bildung einer Minderheitsregierung mithilfe der Linkspartei in der Gesamtbevölkerung und auch in der eigenen Wählerschaft "strikt abgelehnt" worden sei. Es sei aber falsch, das schlechte SPD-Wahlergebnis dieses Jahres (23,7 Prozent) auf die Frage der Tolerierung durch die Linkspartei zu reduzieren.

Neue Führung bestätigt Kurs Ypsilantis

Den "Ratschlägen" von Kritikern aus der Bundes- und Landespartei wird ein großer Anteil am Desaster angelastet. Das Scheitern der Regierungsübernahme müsse nämlich "auch in den Kontext der Widerstände gegen eine umfassende sozial-ökologische Reformpolitik - insbesondere der Energiewende - gestellt werden". Die schwierige Lage der hessischen SPD sei durch "Eigenbeiträge" aus der Bundes- und Landespartei verschlimmert worden. Und für das gegenwärtige Elend der SPD im Umfragetief wird schließlich die Konkurrenz der Linkspartei bemüht. Durch die Agenda 2010 und die umstrittenen Auslandseinsätze der Bundeswehr sei diese verschärft worden. "Eine isolierte Betrachtung der hessischen Situation verstellt den Blick auf unsere Probleme", so das Fazit. Im Gegenteil. Im Landtagswahlkampf 2008 habe die hessische SPD gezeigt, dass die Partei "mit dem richtigen Themenmix" und einer "überzeugenden Spitzenkandidatin" bei Wahlen erfolgreich sein könne.

Mit diesen Formulierungen bestätigt die neue Führung ausdrücklich den politischen Kurs Ypsilantis und grenzt sich deutlich von den vier SPD-Abgeordneten ab, an denen die Regierungsübernahme gescheitert war: Die einzige Chance, Vertrauen durch konkrete Politik und Regierungsbildung zurückzugewinnen, sei durch die Weigerung der vier verhindert worden, die Regierung zu übernehmen und eine sozialdemokratische Ministerpräsidentin zu wählen, so der Text des Leitantrags.

Dagmar Metzger, die Andrea Ypsilanti frühzeitig die Gefolgschaft verweigert hatte, will dem neuen Vorsitzenden ihre Stimme geben. Sie ist die einzige der vier ehemaligen Landtagsabgeordneten, die als Delegierte nach Darmstadt kommt. Gegen die drei übrigen Silke Tesch, Carmen Everts und Jürgen Walter laufen derweil Ausschlussverfahren, die sich hinziehen dürften. Weder die Ortsverbände, die sie ausschließen wollen, noch die Betroffenen zeigen nämlich Kompromissbereitschaft. Schäfer-Gümbel hat erklärt, er halte nicht viel von den Verfahren, sehe aber keine Möglichkeit, sie zu stoppen. Sein designierter Generalsekretär Roth empfahl den dreien mehr Demut und Selbstkritik. Und die vom Parteiausschluss bedrohte Ex-Abgeordnete Everts gab zurück, die Nominierung des "engen Ypsilanti-Vertrauten Roth" komme einer "gewollten Spaltung der Partei" gleich.

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