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Für die Schulausstattung sind die Kommunen zuständig. Der Bund will mitmischen - und mitbestimmen.

© Kai-Uwe Heinrich

Landkreistag ist unzufrieden mit dem Koalitionsvertrag: Goldener Zügel statt Eigenständigkeit

Union und SPD haben vereinbart, viel für die Kommunen zu tun. Doch mehr eigene Mittel und mehr Freiräume gesteht ihnen der Koalitionsvertrag nicht zu, kritisiert der Landkreistag.

Es ist viel von den Kommunen die Rede im Aktionsprogramm, das CDU, SPD und CSU in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben. Das Wohl der Städte, Gemeinden und Kreise soll ein ganz besonderes Anliegen der künftigen Bundesregierung sein, so sie denn zustande kommt. Dass viel Geld da ist zurzeit, spielt eine Rolle. Wobei die kommunale Eigenständigkeit nicht in Frage gestellt werden soll. Denn: „Lokale Herausforderungen können nur lokal wirklich gelöst werden.“ Woraus folgt: „Deshalb brauchen wir gelebte Subsidiarität, auch um die Handlungsspielräume von Kommunen und Ländern zu stärken.“ Denn gerade Kommunen „sind die Heimat der Menschen und das Fundament des Staates“, heißt es in Zeile 5457 auf Seite 116 des Koalitionsvertrags. Der Bund will sich daher „intensiv für eine Verbesserung der kommunalen Finanzlage“ und „eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ einsetzen. Eine „kommunalfreundliche Handschrift“ hat der Deutsche Städtetag daher nach erster Lektüre der vielen Seiten entdeckt. Die Beglückung kann also beginnen, sobald die SPD-Mitglieder zustimmen.

Nach genauerer Lektüre der Vereinbarungen freilich hat zumindest der Landkreistag einige Fragezeichen an den Rand der Vereinbarung gesetzt. Zwar enthalte der Text gute und wichtige Unterstützungen der kommunalen Ebene. Doch seien die teilweise erheblichen Finanzmittel „nicht finanziell abgesichert“, heißt es in einer Bewertung durch den Verband. Überdies bewirkten sie „strukturell eine Schwächung der kommunalen Ebene“. Was das heißt, geht aus einem längeren Kommentar hervor, den Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, verfasst hat. Henneke sieht im Koalitionsvertrag nicht zuletzt einen Versuch, die kommunale Selbstverwaltung einzuschränken und über viele Einzelprogramme und begleitende Einwirkungs- und Kontrollrechte die kommunale Ebene an den „goldenen Zügel“ zu nehmen. Statt kommunale Handlungsspielräume zu stärken, so der Tenor des Papiers, mache der Bund das Gegenteil. Wörtlich schreibt Henneke: „Maßnahmen zur Stärkung der Kommunalfinanzen fehlen im Koalitionsvertrag völlig.“

Hat der Bund eine Zusage gekippt?

Nicht nur der Landkreistag, auch Städtetag und Städte- und Gemeindebund befürchten sogar, dass eine bereits in Aussicht gestellte finanzielle Verbesserung für die Kommunen ausbleibt. Denn entgegen der Erwartung (und dem Ergebnis der zuständigen Arbeitsgruppe, die dem Koalitionsvertrag zuarbeitete) gibt es nun kein Bekenntnis der Koalition, dass die im Rahmen des Solidarpakts zugunsten der Ost-Länder eingeführte und den westdeutschen Kommunen auferlegte erhöhte Gewerbesteuerumlage in Höhe von jährlich 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2020 endet. Henneke nennt diese Umlage „eine seit Langem nicht mehr zu rechtfertigende Abschöpfung bei den westdeutschen Städten und Gemeinden zugunsten deren Länder“. Und diese dürften ihre massive Beteiligung an den Koalitionsgesprächen dazu genutzt haben, die Frage zumindest offenzuhalten.

Henneke verweist darauf, dass nach der Verfassung die Kinderbetreuung, die Bereitstellung von Schulgebäuden, die Ausstattung von Schulen und die Erbringung von Sozialhilfe- und Jugendhilfeleistungen „originäre kommunale Aufgaben“ seien und auch weiterhin blieben. Diese Aufgaben wollten die Kommunen auch eigenverantwortlich wahrnehmen. Wenn die Koalitionspartner in Berlin nun meinten, dass hier mehr zu tun sei, dann sollten sie die kommunale Steuerausstattung anpassen „statt einzelaufgabenbezogene Programme aufzulegen“. Henneke greift damit die Forderung aller Kommunalverbände auf, den Kommunen einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer zuzuweisen. Statt dessen bekämen sie etwas anderes: „Es ist das übliche Spiel. Mit einer in Aussicht gestellten Mitfinanzierung bestimmt der Bund die Bedingungen zur Verwendung weit über seinen Eigenanteil hinaus“, schreibt Henneke. Er wirft dem Bund einen „geradezu selbstverwaltungsfeindlichen paternalistischen Zentralismus“ vor. Hennekes Fazit lautet: „Eine klar konturierte, auch mit Finanzmitteln unterlegte Stärkung der Kommunen im Allgemeinen und des ländlichen Raumes im Besonderen sieht anders aus.“

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