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Zugpferd. Regierungschef David McAllister ist das Gesicht der CDU im niedersächsischen Wahlkampf.

© dpa

Landtagswahl in Niedersachsen: Hinter McAllister kommt lange nichts

Die Niedersachsen-CDU schneidet ihren Wahlkampf völlig auf Regierungschef David McAllister zu. Aber wer im Erfolgsfall Minister in Hannover werden soll, ist völlig unklar. Die Personaldecke ist dünn.

Es war eine Art ritueller Reflex. Ob Finanzen, ob Bildung, ob Justiz oder Landwirtschaft: Immer wenn Niedersachsens SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil in den vergangenen Wochen ein neues Mitglied seines Schattenkabinetts präsentierte, ließ die Kritik der schwarz-gelben Koalition nicht lange auf sich warten. Auslaufmodell, Ideologin oder Verlegenheitslösung waren die Attribute, mit denen die regierenden Christdemokraten die Kandidaten der Konkurrenz bedachten. Für Aufbruch stehe diese glanzlose Mannschaft ganz gewiss nicht, pflegte CDU-Generalsekretär Ulf Thiele in schöner Regelmäßigkeit zu ätzen. „Die haben die Schatten, wir die Minister.“

Der Spott vermag freilich nicht über das eigene Personalproblem hinwegzutäuschen. Wie es mit dem CDU/FDP-Kabinett von Ministerpräsident David McAllister bei einem – laut derzeitigen Umfragen allerdings eher unwahrscheinlichen – Sieg nach der Landtagswahl am 20. Januar weitergeht, wird von den Verantwortlichen beharrlich totgeschwiegen. Der Wahlkampf ist ganz und gar auf die Popularität des deutsch-schottischen Regierungschefs zugeschnitten. Statt mit Köpfen und Programmen der einzelnen Minister zu punkten, setzt die Union auf Dudelsackmusik in Videobotschaften und Werbeschals im blau-gelben Schottenkaro. „Schwarz-Gelb ist politisch und personell erschöpft, die Regierung McAllister befindet sich in Auflösung“, konstatiert Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. Die CDU-Leute verließen „das sinkende Schiff“, sagt Wenzel.

Gleich mehrere CDU-Posten sind offen. Sicher ist, dass Finanzminister Hartmut Möllring (60) sich nach zehn Jahren als harter Sparkommissar und zuletzt als Ausputzer in der Wulff-Affäre aus dem aktiven Politikerdasein verabschiedet. Als sein Nachfolger wird immer wieder Kultusminister Bernd Althusmann genannt, ein ausgewiesener Zahlenfuchs, der in der Legislaturperiode 2003 bis 2008 als Parlamentsgeschäftsführer seiner CDU-Fraktion die schwarz-gelbe Haushaltspolitik schmackhaft machen musste. Ein Umzug über eine kleine Seitenstraße ins wenige Meter entfernte Finanzministerium würde aber im Schulressort eine empfindliche Lücke reißen. „Althusmann kann da nicht weg“, sagt ein Abgeordneter. Der Lüneburger habe das früher als Chaoshaufen verschrieene Haus im Griff und mit seinen eher sanften Reformen die nervigen Schulstrukturdebatten befriedet, lautet das allgemeine Lob. Darin schwingt die Sorge mit, dass in der Landes-Union für das Kultusministerium kein adäquater Ersatz in Sicht ist. „Von denen können Sie doch keinen nehmen“, heißt es in Parteikreisen mit bangem Blick auf einige selbsternannte Ministerkandidaten in der Fraktion.

Ähnliches gilt für weitere Kabinettsposten, die möglicherweise trotz eines CDU-Siegs kurzfristig vakant werden. Fraglich ist, ob Agrarminister Gert Lindemann (65) und Wissenschaftskollegin Johanna Wanka (61) wegen ihres Alters überhaupt noch eine, auch nur teilweise Amtszeit dranhängen wollen. Offiziell schweigen die Ressortchefs, die sich weit über Partei- und Ländergrenzen hinweg einen sehr guten Ruf als Experten erworben haben, zu ihren Ambitionen. Aber Jurist und Jäger Lindemann wird ein gewisser Drang in den schon einmal unterbrochenen Ruhestand nachgesagt, während es Mathematikprofessorin Wanka offenbar ins heimische Brandenburg zurückzieht. Beide haben sich jedenfalls vor vornherein nicht um eine Landtagskandidatur bemüht. „Die zu ersetzen, wird verdammt schwer“, schwant es einem führenden Christdemokraten angesichts der eher dürftigen Personaldecke in Landtagsfraktion und Landespartei.

Verschärft wird das Problem der Niedersachsen-Union durch zwei weitere Wackelminister. Von Justiz-Ressortchef Bernd Busemann (60) heißt es, er strebe zum Ende seiner langen Politikerkarriere das Amt des Landtagspräsidenten an. Und Sozialministerin Aygül Özkan gilt als heißeste Anwärterin auf eine CDU-Kandidatur bei der im Herbst anstehenden Oberbürgermeister-Wahl in der Landeshauptstadt Hannover.

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