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Landtagswahl: Planspiele für "Rot-Grün 2.0"

Die Grünen erhoffen sich von Hessen einen neuen Motivationsschub.

Von Hans Monath

Mit ihren alten Vorkämpfern haben die Grünen im hessischen Wahlkampf diesmal gemischte Erfahrungen gemacht. Während Joschka Fischers Auftritt am vergangenen Montag die ersehnte rot-grüne Option noch einmal in Erinnerung rief und hoch willkommen war, verwirrte sein alter Weggefährte Daniel Cohn-Bendit die eigene Truppe: Zum Entsetzen seiner Parteifreunde riet er laut, notfalls mit jener Linkspartei zu koalieren, deren Einzug in den Landtag die Grünen doch unbedingt verhindern wollten. Zudem lieferte der Europaabgeordnete so Munition für die Warnung der regierenden CDU vor einem Regierungsbündnis mit „den Kommunisten“.

Zwar waren am Sonntagabend auch die Ergebnisse von Niedersachsen wichtig für Rückschlüsse auf die bundesweiten Chancen der Ökopartei. Doch vom Ausgang der Hessen-Wahl hatten sich die Grünen den größten Motivationsschub erhofft: Vor Schließung der Wahllokale bestand zumindest die Möglichkeit, dass eine rot-grüne Koalition mit Roland Koch (CDU) jenen Ministerpräsidenten ablösen würde, der 1999 mit einer Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und damit gegen ein Herzensthema der Grünen an die Macht gekommen war. Zudem zeigte sich Koch mit seiner Kampagne gegen kriminelle junge Ausländer aus Sicht der Grünen erneut als gnadenloser Rechtspopulist.

Dass sich CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel hinter Koch stellte, dürfte die Möglichkeit einer schwarz-grünen Zusammenarbeit auch in anderen Ländern in weite Ferne gerückt haben. In Hessen hatten Spitzenkandidat Tarek Al Wazir und seine Mitkämpfer ohnehin längst jede Koalitionsoption mit der CDU kategorisch ausgeschlossen. Mehr denn je sind Spitzen- Grüne nun überzeugt, dass sich der Modernisierungskurs Merkels in CDU und Regierung bald als Oberflächenphänomen erweisen wird, das von ihrer eigenen Partei nicht mitgetragen wird.

Zwar regieren die Grünen schon seit vergangenem Jahr in Bremen und waren damals erstmals überhaupt wieder in einer Landesregierung vertreten, nachdem sie 2005 erst Nordrhein-Westfalen und dann auch die rot-grüne Mehrheit im Bundestag verloren hatten. Aber der kleine Stadtstaat taugte nicht als Referenzprojekt. Die Bremer SPD hatte sich vor der Wahl bewusst alle Koalitionsoptionen offengehalten.

Dagegen warb Hessens SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti am Mittwoch gemeinsam mit Al Wazir für den rot-grünen Wechsel. Eine ähnliche, gemeinsame Veranstaltung hatten 2002 Gerhard Schröder und Joschka Fischer zum Abschluss des Bundestagswahlkampfes in Berlin inszeniert. Eines freilich wollten die Grünen betonen, falls der Wechsel in Hessen klappen sollte: Eine Fortsetzung des rot-grünen Bündnisses von 1998, das viele Nach-68er als ihr historisches Projekt begriffen, sollte die Neuauflage nicht sein. Modellcharakter sollte die mit jüngerem Personal bestückte Regierung freilich trotzdem haben – für eine neue Generation von grünen Politikern. Der hessische Abgeordnete Omid Nouripour, Fischers Nachrücker im Bundestag, hatte analog zu „Web 2.0“ vorsorglich schon einmal den Namen „Rot-Grün 2.0“ vorgeschlagen.

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