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Landtagswahlen: Für Koch wird es in Hessen eng

In Hessen zeichnet sich die spannendste Wahl des neuen Jahres ab. Trotz des Wahlkampfthemas "Ausländerkriminalität" könnte Ministerpräsident Roland Koch seine Macht verlieren.

Ministerpräsident Roland Koch droht nach allen Umfragen am 27. Januar der Verlust seiner absoluten CDU-Mehrheit. Zwar werden die Christdemokraten wohl stärkste Partei bleiben. Doch selbst zusammen mit dem Auffangpartner FDP könnte es eng werden. Und die SPD kann sich tatsächlich Hoffnung machen, nach neun Jahren in der Opposition in ihrem ehemaligen "Stammland" zurück an die Regierung zu kommen.

Als erfahrener Wahlkämpfer holte Koch deshalb zum Jahreswechsel ein heikles Thema aus der Kiste: die Kriminalität junger Ausländer. Während ihn die Opposition des Populismus zeiht, hofft der CDU-Ministerpräsident auf die Zustimmung der Wähler. Er sieht sich als "akzeptierter Sprecher einer schweigenden Mehrheit der Deutschen". Die CDU-Bundespartei einschließlich Kanzlerin Angela Merkel folgte ihm in seinen Forderungen nach einem schärferen Jugendstrafrecht.

Die Linke klopft an die Tür

Eine Besonderheit der Hessen-Wahl: Erstmals klopft Die Linke in einem westdeutschen Flächenland mit guten Aussichten an die Tür eines Landesparlaments. Umfragen sehen die Partei knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Mit der Linken im Landtag wäre die Regierungsbildung in Wiesbaden völlig offen.

In Hessen fallen Wahlen traditionell knapp aus. Das Bundesland zwischen Kassel und Darmstadt ist selbst nach Kochs Eingeständnis eher sozialdemokratisch geprägt. Zweimal hat der CDU-Bundesvize Wahlen im Protest gegen eine rot-grüne Bundesregierung gewonnen. 1999 kam er mit Hilfe einer umstrittenen Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft ins Amt und regierte dann mit der FDP. 2003 brachte ihm der Unmut über Rot-Grün sogar 48,8 Prozent ein, was zur Alleinregierung reichte.

Diesmal fehlt das Feindbild in Berlin. Die Umfragen taxieren die CDU auf 40 Prozent (Forschungsgruppe Wahlen und AMR) oder 41 Prozent (Forsa). Die FDP mit Spitzenmann Jörg-Uwe Hahn liegt zwischen 7 und 9 Prozent. Große Wechselstimmung gibt es in Hessen nicht, doch weit verbreitete Unzufriedenheit.

Schwachstelle Schulpolitik

Koch hat nach eigener Einschätzung das Bundesland mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen "kraftvoll und mit großer Gelassenheit" regiert. Doch er hat den Hessen auch Grausamkeiten zugemutet: ein Sparprogramm bei Öffentlichem Dienst und Sozialstellen, den Austritt aus der Tarifgemeinschaft der Länder, Studiengebühren. Als Schwachstelle der Landesregierung gilt vor allem die Schulpolitik.

Die SPD rutschte vor vier Jahren auf ein historisches Tief von 29,1 Prozent ab. Diesmal suchen die Sozialdemokraten ihr Heil im Kontrastprogramm: Gegen den früh ergrauten Konservativen Koch setzen sie auf jung, weiblich, links - selbst wenn ihre fotogene Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti (50) ein Jahr älter ist als der Ministerpräsident. Zu Ypsilantis Programm gehören die Gemeinschaftsschule bis zur zehnten Klasse und alternative Energien.

Zugute kommt der Kandidatin, dass auch die Bundes-SPD sich nach links bewegt, wo sie schon länger steht. Um den Trend zu nutzen, propagiert Ypsilanti eine "neue Gerechtigkeitsdebatte". So hat sie ihren Namen als erste auf eine Unterschriftenliste für Mindestlöhne gesetzt, mit der die SPD nun überall unterwegs ist.

Schreckgespenst Rot-Rot-Grün

Nach den Umfragen werden die Sozialdemokraten leicht zulegen: Derzeit liegen sie zwischen 30 und 34 Prozent. Als Koalitionspartner stehen die Grünen bereit, deren Werte zwischen 9 und 11 Prozent pendeln. Ein Zusammengehen mit der Linken lehnt Ypsilanti ab.

Trotzdem beschwört Koch im Wahlkampf das Schreckgespenst einer rot-rot-grünen Mehrheit. Ohne Linkspartei könne die SPD ihren Wählern keine Machtperspektive anbieten. "Ich will keine Kommunisten im hessischen Landtag und schon gar nicht in der hessischen Landesregierung sehen", sagt der CDU-Regierungschef.

Friedemann Kohler[dpa]

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