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Politik: Laut Bundesinnenministerium hat sich die rechte Musikszene fest etabliert

Die Bands nennen sich "Gestapo", "Oithanasie" oder "Zillertaler Türkenjäger". Ihre CDs heißen "Heil dem Führer", "Schwarze Zukunft", "12 Doitsche Stimmungshits".

Von Frank Jansen

Die Bands nennen sich "Gestapo", "Oithanasie" oder "Zillertaler Türkenjäger". Ihre CDs heißen "Heil dem Führer", "Schwarze Zukunft", "12 Doitsche Stimmungshits". In den Texten wird so brachial wie holprig Gewalt gepredigt. Aus der "Gestapo"-CD "Heil dem Führer": "Ich mag Adolf und sein Reich, alle Juden sind mir gleich, ich mag Skinheads und SA, Türken klatschen, ist doch klar. Ich mag Fußball auf dem Rasen, die SS, wenn sie gasen. All das mag ich, und ganz doll - NSDAP." Solche Parolen, begleitet von hartem Gitarrensound, sind in Teilen der Jugend populär. Der Reiz des Tabubruchs nimmt noch zu, wenn es gelingt, bei einem konspirativ organisierten Live-Auftritt dabei zu sein. "Die Musik ist die wichtigste identitätsstiftende Klammer der rechten Skinhead-Szene", heißt es beim Bundesamt für Verfassungsschutz, "das gilt sowohl für den Einstieg wie für die Verbindung untereinander". Jüngste Zahlen des Bundesinnenministeriums belegen, in welchem Maße sich die Szene verfestigt hat.

Laut einem frühen Rückblick auf 1999 registrierte die Behörden 105 rechtsextreme Skinhead-Konzerte. Mehr als die Hälfte der Konzerte, nämlich 59, fand 1999 in Ostdeutschland statt, wo Sachsen mit 33 an der Spitze liegt. Die durchschnittliche Besucherzahl stieg. Zu 14 Konzerten (1998: 8) kamen mehr als 500 Besucher. Das größte Live-Act fand Anfang September in Garitz (Sachsen-Anhalt statt) - 2000 Kahlköpfe aus dem In- und Ausland überrumpelten die Polizei. So erklärt sich vielleicht, dass nur bei zwölf der bundesweit 106 Konzerte strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden.

Die Zahlen finden sich in der Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion im Bundestag. In der Statistik könnten sich nach Ansicht des Verfassungsschutzes noch Änderungen ergeben, denn erfahrungsgemäß sind von den Länderbehörden Nachmeldungen zu erwarten. So hat der Vergleich mit 1998 nur beschränkte Aussagekraft. Damals wurden 128 rechtsextreme Skinkonzerte bekannt. Dass die Kahlkopf-Musik einen Boom erlebt hat, macht ein Blick ins vergangene Jahrzehnt deutlich. 1993 wurden 30 Konzerte gezählt, 1997 waren es schon 106.

Das Gleiche gilt für Bands und Vertriebe: 1993 gab es bundesweit 23 Musikgruppen und 16 "Unternehmungen", die mit dem rechten Sound dealen. 1999 stellten die Behörden 93 (1998: 100) Bands und 50 Vertreiber (wie im Vorjahr) fest. Auch diese Zahlen scheinen vorläufig zu sein. Das Ministerium spricht von mehr als 30 neugegründeten Bands und rund 20 aufgelösten. Rein mathematisch müsste sich gegenüber 1998 ein Zuwachs von etwa zehn Bands statt einem Rückgang um sieben ergeben.

Das Ministerium erwähnt auch neun rechte Liedermacher, die 25 Konzerte (1998: 40) veranstalteten. Die Hälfte der Auftritte bestritt Frank Rennicke, gleichermaßen Idol von Scheitelträgern und Glatzköpfen. Mehrere Tonträger Rennickes wurden 1999 eingezogen. Insgesamt listet das Ministerium 35 Interpreten auf, von denen 55 Tonträger beschlagnahmt wurden. 16 CDs setzte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auf den Index. Damit erhöhte sich die Gesamtzahl der rechten Schallplatten, CDs und Musikkassetten, die weder beworben, im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche verkauft werden dürfen, auf 231.

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