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Politik: Lauter Sieger

Aber im Streit um die Europapolitik geht der Kanzler kaum auf die Vorstellungen der Bundesländer ein

Berlin - Am Tag danach gab es wieder einmal nur Sieger. Nach dem europapolitischen Termin von vier Ministerpräsidenten beim Kanzler am Donnerstagabend gaben alle Seiten vor, das Gewollte bekommen zu haben. Gewinner ist vor allem Gerhard Schröder. Er hat nun die Zusage, dass der Bundesrat, wie von ihm gefordert, schon am 27. Mai die neue EU-Verfassung ratifiziert – als positives Signal ins Nachbarland zwei Tage vor dem Verfassungsreferendum in Frankreich. Zwar hatte der bayerische Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU) gegrantelt, in der Bretagne oder an der Côte d’Azur interessiere es keinen, was der deutsche Bundesrat mache. Aber nun steht Schröders Wunschtermin.

Auch sonst kann der Kanzler, der zu Beginn des Gespräch vor allem gegenüber Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) einige deutliche Worte fand, mit dem Abend zufrieden sein. Zwar gingen Stoiber und seine Kollegen Günther Oettinger, Kurt Beck und KlausWowereit mit der Zusage aus dem Kanzleramt, dass sie künftig nicht nur bei EU-Gesetzesvorhaben frühzeitig informiert werden, sondern auch bei Verwaltungsakten wie Weißbüchern oder EU-Koordinierungsplänen. Auch werden die Länder bei der Ernennung deutscher Richter für den Europäischen Gerichtshof beteiligt – ein Punkt, der jedoch selbst in München als nachrangig betrachtet wird. Dass die Bundesregierung Klagen des Bundesrats gegen EU- Recht unverzüglich weiterleiten wird, stand schon fest. Die Vertretungsrechte der Länder in Brüssel aber werden nicht ausgeweitet. Beim Übergang zu Mehrheitsentscheidungen auf EU-Ebene bekommen die Länder immerhin eine Art Vetomöglichkeit in Fällen, in denen Bundes- wie Länderkompetenzen betroffen sind. Einen „Teilerfolg“ nannte der neue Stuttgarter CDU-Ministerpräsident Oettinger dies.

Die Unions-Länder hatten mehr gefordert. So sollte die Zustimmung der Bundesregierung zur Aufnahme neuer EU- Mitglieder – zum Beispiel der Türkei – an das vorherige Einvernehmen mit dem Bundesrat gekoppelt werden. Stoiber hatte sogar damit gedroht, den frühen Abstimmungstermin im Bundesrat platzen zu lassen, wenn der Bund nicht entgegenkomme. Dazu kommt es nun nicht.

Der Mainzer SPD-Regierungschef Beck sprach von einem guten Kompromiss. „Der Bund ist handlungsfähig, die Länder sind in einem guten Maß im Spiel und können nicht ausgebootet werden.“ Oettinger lobte, dass die Länder besser in die Willensbildung integriert seien. Der Kanzler werde alle Zugeständnisse in einem Brief festhalten. „Wenn die Umsetzung fair ist, sind keine weiteren Verhandlungen nötig“, sagte er.

Für die weiteren Forderungen aus dem Kreis der Länder verwies Schröder auf die laufende Föderalismusreform. Für Oettinger ist das eine freundliche Ablehnung. „Ich glaube nicht, dass bei der Föderalismusreform zu Europa ein großer Anlauf gelingt.“ Auch Stoibers Anliegen, den Bundestag europapolitisch zu stärken, fand keine Zustimmung. Es wäre auf einen Parlamentsvorbehalt hinausgelaufen und hätte die Bundesregierung in Brüssel gebunden. „Das kann man in einem kleinen Land wie Dänemark machen, in Deutschland aber nicht. Dann wäre Europa am Ende“, sagte Beck. Das Ergebnis des Abends fasste der Pfälzer mit Blick auf seinen bayerischen Kollegen und dessen starke Worte im Vorfeld so zusammen: „Wenn man hoch in den Baum klettert und sich dann nicht zu springen traut, muss man wieder herunterkrabbeln. Dabei haben wir ein wenig geholfen.“

Nur einer will nicht locker lassen. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler gibt trotz der Abweisung seiner Klage gegen die Ratifizierung der EU-Verfassung seinen Widerstand nicht auf. In vier Wochen, wenn Bundestag und Bundesrat ihr Ja gegeben haben, will er es in Karlsruhe noch einmal versuchen.

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