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Politik: Leben aus der Dose

Schwedens Pfandsystem hat die Mehrwegflaschen fast beseitigt

Es klappert leise, wenn das große, grüne Gerät im schwedischen Supermarkt die Bier- und Limonadendosen in seine Öffnung hineinsaugt, zusammenpresst und dann in einem Container verschwinden lässt. Als Dankeschön kommt ein kleiner Pfandwertzettel heraus, der an der Kasse gegen Geld eingetauscht werden kann. Die Geräte sind häufig Sammelpunkt von Kindern, die Dose für Dose in den Maschinen verschwinden lassen, um ihr Taschengeld aufzubessern.

Seit der schwedische Reichstag gegen den Protest der Industrie im Jahr 1982 ein Gesetz verabschiedete, das Brauereien ab 1984 zur Wiederverwertung ihrer Einwegverpackungen verpflichtete, recycelt man in Schweden Aluminiumdosen. Die Brauereien holen die eingestampften Dosen bei den Händlern ab und bringen sie zu den Verpackungsherstellern, die das Aluminium einschmelzen und neue Dosen daraus machen. Das Ergebnis nach knapp 20 Jahren ist überzeugend. Obwohl das Pfand bei nur sechs Cents liegt, wirft in Schweden kaum noch jemand Dosen weg. Die Rücklaufquote liegt nach offiziellen Angaben bei 90 Prozent, das sind 900 Millionen Dosen pro Jahr – Schweden ist damit weltweit Spitzenreiter. Dank massiver Fernsehwerbung wurden bereits im Einführungsjahr 63 Prozent der Einwegverpackungen aus Aluminium zurückgegeben. Selbstbewusst hebt man heute den Vorteil der einstigen Umweltsünde „Dose“ gegenüber der Mehrwegglasflasche hervor. Es sei leichter, Dosen wiederzuverwerten, weil sie zusammengepresst beim Transport viel weniger Platz verbrauchten und weil sie zwanzigmal leichter seien als Glasflaschen.

Ermutigt durch den Erfolg, müssen Getränkehersteller seit 1994 per Gesetz auch 0,33-Liter-Einwegplastikflaschen mit einem Pfand von 13 Cents zurücknehmen und wiederverwerten. 250 Millionen von den jährlich knapp 360 Millionen Flaschen werden inzwischen wiederverwertet. Studien haben gezeigt, dass vor allem die Laufkundschaft, die Flaschen oder Dosen für unterwegs einkauft, am wenigsten Rückgabedisziplin aufbringt. Verantwortlich für den schwedischen Wiederverwertungsprozess ist die Firma „Returpack“, die von Supermarktketten, Verpackungsherstellern und Brauereien des Landes ins Leben gerufen wurde, sich aber inzwischen selbst finanziert. Die Dosen und Plastikflaschen bescheren „Returpack“ sogar einen kleinen Gewinn, der in die Umweltstiftung „Haltet Schweden sauber“ und in Werbekampagnen für den Umweltschutz fließt. Jede nicht abgegebene Dose beziehungsweise Flasche ist ein Verlust für „Returpack“ und die Umwelt. In TV-Spots versucht man, diese Botschaft mit prominenten Musikern zu kommunizieren. Die Kehrseite der Recyclingmedaille: In den Supermärkten dominieren Aluminiumdosen und Plastikflaschen das Angebot in den Regalen. Das große, aber dünn besiedelte Land verfügt nur über wenige Glasrecyclinganlagen, und der Transport der schweren, Platz raubenden Glasflaschen ist aufwändig – sie verschwinden mehr und mehr.

Jonas Jonsson[Stockholm]

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