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Lebensleistungsrente: CSU stellt Leyen bloß

Im Koalitionsausschuss hatten sich Union und FDP auf einen Rentenzuschuss für Geringverdiener festgelegt. Nun wollen die Christsozialen nichts mehr davon wissen.

Berlin - Im Streit um die Rentenaufbesserung von Geringverdienern hat die CSU eine Rolle rückwärts gemacht – und das beschlossene Konzept einer Lebensleistungsrente wieder verworfen. „Wir tragen keine neue Leistung mit, die Versicherungs- und Fürsorgeleistungssysteme miteinander vermischen“, heißt es in einem Papier, das die Landesgruppe bei ihrer Klausurtagung in Kreuth verabschiedete.

Damit schlägt sich die CSU auf die Seite der Rentenversicherer, die sich mit dieser Begründung gegen das Prestigeprojekt von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) wenden. Eine bedarfsabhängige Anerkennung von Lebensleistung gehöre nicht in die gesetzliche Rente, sondern in die Grundsicherung, argumentieren nun auch die Christsozialen. Dort sei sie „gut aufgehoben“ und könne „ohne übermäßige Bürokratie in bestehende und funktionierende Verwaltungsstrukturen integriert werden“ – etwa indem den Antragstellern Zuschläge gewährt oder Bezüge aus der Riester-Rente nicht mehr angerechnet würden.

Die Ministerin reagierte irritiert. „Ich gehe davon aus, dass die CSU vertragstreu zum jüngsten Beschluss des Koalitionsausschusses steht“, lautete ihr Kommentar. Im November hatten sich Union und FDP im Koalitionsausschuss geeinigt, die Renten von Geringverdienern bedarfsabhängig aufzustocken, sofern 40 Jahre lang Beiträge gezahlt und auch privat vorgesorgt wurde. Das Projekt hieß seither nur nicht mehr Zuschuss-, sondern Lebensleistungsrente. Und die Grenze der Höherbewertung sollte „knapp oberhalb der Grundsicherung“ liegen.

Womit der Ärger gleich weiterging. Da die Koalitionsspitzen übersehen hatten, dass die Grundsicherung regional unterschiedlich berechnet wird, blockierte sich Schwarz-Gelb fortan im Streit darüber, ob der Zuschuss nur den Durchschnittsbetrag oder aber den höchsten regional gezahlten Betrag zur Grundsicherung übersteigen müsse. Ersteres wäre kaum im Sinne der Erfinder. Und Letzteres – gesetzliche Renten abhängig vom Wohnort – ein sozialpolitisches Unding. Außerdem zeigte sich die CSU zunehmend vergrätzt darüber, dass sie mit ihrer Forderung nach höheren Renten für Mütter mit vor 1992 geborenen Kindern nicht durchdrang.

Die Abkehr von der Lebensleistungsrente sei „keine Trotzreaktion“, hieß es in der Bundestags-CSU. Stattdessen spielte Landesgruppenvize Max Straubinger die Beschlüsse im Koalitionsausschuss herunter. Das seien „nur Eckpunkte“ gewesen, sagte er dem Tagesspiegel. Und aus der intensiven Diskussion darüber hätten sich dann „schwierigste Fragen“ ergeben, die sich mit dem bestehenden Konzept als nicht lösbar erwiesen. Als Beispiel nannte Straubinger das Problem mit Rentnern, deren Bezüge knapp über der anvisierten Lebensleistungsrente liegen, durch die Krankenkassenbeiträge aber darunter rutschen. Zudem sei es ungerecht, langjährig Teilzeitbeschäftigten die Rente aufzustocken und jahrzehntelang Vollzeitbeschäftigte, die knapp über der Obergrenze liegen, leer ausgehen zu lassen.

Mit dem Rückzieher der CSU steht nun auch der Rest der Reform, über den sich die Koalition einig ist, infrage: Verbesserungen für Erwerbsgeminderte, mehr Zuverdienstmöglichkeiten für Frührentner, höheres Reha-Budget. All das könne man aber auch gesondert beschließen, findet Straubinger. Die Ministerin dagegen beharrt auf dem Gesamtpaket. Und in der Opposition haben sie für die Dauerstreiterei nur noch Spott übrig. In der Koalition gehe es zu wie in einem Sandkasten, sagt der Linken-Politiker Matthias Birkwald. „Jeder haut jedem das Türmchen kaputt. Nur sitzt hier keine Mutti am Rand, die die Kinder mahnt, doch einmal gemeinsam etwas zu bauen.“ Rainer Woratschka

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