zum Hauptinhalt

Lebensmittelskandal: Gammelfleisch in acht EU-Länder geliefert?

Vergammeltes Fleisch und andere Lebensmittel sind möglicherweise in insgesamt acht EU-Staaten geliefert worden. Unterdessen gibt es Streit um die Konsequenzen des Fleischskandals.

Brüssel - Die EU-Kommission hat bisher keine verläßliche Informationen darüber, ob und in welchem Umfang vergammeltes Fleisch und andere verdorbene Lebensmittel aus Bayern in andere EU-Staaten geliefert wurden. Nach den von den Behörden in Bayern sichergestellten Unterlagen seien etwa 90 Tonnen Fleisch sowie andere Lebensmittel in acht Mitgliedstaaten ausgeführt worden, sagte der Sprecher von Verbraucherschutzkommissar Markos Kyprianou am Mittwoch in Brüssel. Da es bei den deutschen Ermittlungen auch um den Verdacht des Betrugs gehe, sei die Glaubwürdigkeit dieser Unterlagen allerdings unsicher.

Die Kommission habe die Behörden in Österreich, Tschechien, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Belgien, Italien und Luxemburg umgehend informiert. Dort werde derzeit versucht, die Lieferungen aus Bayern ausfindig zu machen, sagte der Sprecher. Die Entscheidung über den Rückruf von in den Handel geratenen Lieferungen sei Sache der nationalen Behörden.

Unterdessen spitzt sich die Debatte um Konsequenzen zu. Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) ermahnte seine Länderkollegen, den Weg freizumachen für eine Änderung der Lebensmittelkontrollen unter Koordinierung des Bundes. Vor der Sonderkonferenz mit seinen Länderkollegen am Donnerstag in Berlin verteidigte Seehofer seine Forderung nach bundesweit einheitlichen Standards bei Fleischkontrollen. Zugleich forderte er die Justizbehörden auf, Verstöße mit härteren Strafen zu ahnden: "Ich appelliere an die Justizbehörden der Länder, in schweren Fällen den Strafrahmen auszuschöpfen. Rechtsverletzungen müssen sehr hart bestraft werden."

"Kapitalangriff auf den Föderalismus"

In seiner eigenen Partei stößt Seehofer mit seinem Vorstoß für mehr Mitsprache des Bundes bei Lebensmittelkontrollen offenbar auf Ablehnung. In der Kabinettssitzung am Dienstag hätten sich mehrere Minister verärgert gezeigt, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser habe Seehofer einen "Kapitalangriff auf den Föderalismus" vorgeworfen. Seehofer erwecke den Eindruck, die Bundesländer hätten Probleme mit der Lebensmittelkontrolle. Auch Justizministerin Beate Merk und Wirtschaftsminister Erwin Huber hätten Seehofer kritisiert.

In der CSU wurde jetzt erstmals die Forderung nach Rücktritt des bayerischen Verbraucherschutzministers Werner Schnappauf (CSU) laut. Der Landtagsabgeordnete Sebastian von Rotenhan sagte, für ihn sei es eine Frage der politischen Kultur, dass Schnappauf die Verantwortung übernehme. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte dagegen zuvor gesagt, die Frage eines Rücktritts Schnappaufs stelle sich nicht. Der Präsident des Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, unterstützte die Forderung Seehofers nach Überprüfung der Strukturen bei den Lebensmittelkontrollen. "Die Zwischenhändler agieren bundes- und europaweit", betonte er. Deshalb müsse die Abstimmung auf Bundesebene verbessert werden. Zugleich forderte er die Veröffentlichung der Namen von Anbietern und Händlern von Gammelfleisch. (Von Manfred Rey, ddp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false