zum Hauptinhalt
In Deutschland wurde laut Verbraucherschutzministerium bislang in 67 Fällen Pferdefleisch in falsch etikettierten Fertigprodukten nachgewiesen.

© dpa

Lebensmittelskandal: Ministerium: Pferdefleisch-Verteilung an Arme rechtlich nicht möglich

Der Streit, ob Arme aussortierte Lebensmittel mit Pferdefleisch bekommen sollen, reißt nicht ab. Für das Verbraucherschutzministerium eine Scheindebatte. Doch vor einem Jahrzehnt wurde einwandfreies Rindfleisch, das wegen der BSE-Krise unverkäuflich war, an Nordkorea verschenkt.

Die Verteilung aussortierter Lebensmittel mit Pferdefleisch an Arme ist nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums ausgeschlossen. Es sei eine „Scheindebatte“, sagte Ministeriumssprecher Holger Eichele. „Die Weitergabe der Produkte ist völlig ausgeschlossen.“ Der vorbeugende Verbraucherschutz sei einzuhalten, auch wenn es bedauerlich sei, Lebensmittel wegzuwerfen.

Der Bundestagsabgeordnete Hartwig Fischer (CDU) hatte angeregt, aus den Läden genommene Produkte wie Lasagne mit undeklarierten Pferdefleisch-Anteilen nicht voreilig zu vernichten. Der Chef der Deutschen Afrikastiftung schlug vor, die Produkte, die nicht gesundheitsgefährdend seien, korrekt zu deklarieren und Hilfsorganisationen zur Verfügung zu stellen. Er löste heftigen Streit aus.

An diesem Montag wollen die EU- Landwirtschaftsminister in Brüssel über eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel beraten. Ministerin Ilse Aigner (CSU) betonte in einer Mitteilung: „Wir leben in einem gemeinsamen Binnenmarkt, deshalb müssen sich alle Staaten der EU daran beteiligen.“ Die Kennzeichnung müsse verpflichtend sein. „Mit einem freiwilligen Modell kommen wir hier nicht weiter.“

Von dem Skandal ist nun auch die Fuldaer Handelskette Tegut betroffen. In der Pasta-Sauce Bolognese eines Herstellers aus Österreich wurde Pferdefleisch gefunden, das dort nicht hineingehört, berichtete die „Fuldaer Zeitung“. Das Produkt sei aus dem Sortiment genommen worden. Tegut hatte zuvor nach eigenen Angaben eine Prüfung in Auftrag gegeben. In Deutschland wurde nach Angaben des Verbraucherschutzministerium bislang in 67 Fällen Pferdefleisch in falsch etikettierten Fertigprodukten nachgewiesen.

Ungeachtet der rechtlichen Lage ging der Streit um den Verbleib der aussortierten Lebensmittel weiter. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) unterstützte Fischers Vorschlag: „Mehr als 800 Millionen Menschen weltweit hungern. Und auch in Deutschland gibt es leider Menschen, bei denen es finanziell eng ist, selbst für Lebensmittel. Ich finde, da können wir nicht gute Nahrungsmittel einfach wegwerfen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hält das für menschenverachtend. „Das ist eine Beleidigung für Menschen mit wenig Einkommen. Ich erwarte, dass er sich dafür entschuldigt“, sagte sie der „Bild“. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast meinte: „Hinter der absurden Idee von Fischer steht, dass es beim Essen Menschen zweiter Klasse gibt. Wir wollen aber gute Qualität für alle.“

Vor einem Jahrzehnt, als der Rindfleischmarkt in Deutschland wegen der BSE-Krise zusammenbrach, hatte es eine ähnliche Diskussion gegeben. Damals wurden 30 000 Tonnen des zwar einwandfreien aber von den Verbrauchern in Europa verschmähten Rindfleischs als Nahrungsmittelhilfe nach Nordkorea transportiert. Damals brachten übrigens Renate Künast als Landwirtschafts- und Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) als Entwicklungsministerin den 50-Millionen-Mark-Deal ins Kabinett. dpa/Tsp

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false