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Martin Luther bleibt mit Abstand die meistverkaufte Playmobil-Einzelfigur. Ingesamt sei der kleine Reformator bereits 400.000 Mal verkauft worden, heißt es.

© epd

Leitfigur als Playmobil: Martin Luther, 400.000 Mal verkauft

400.000 Luther-Figuren hat Playmobil verkauft. Dabei hat das große Jubiläum noch gar nicht angefangen. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Die Verteidigung des christlichen Abendlands und seiner Werte muss uns allen am Herzen liegen, das ist doch klar. Deshalb ist es ja auch völlig logisch, dass der altdeutsche Brauch des Schießens an der Grenze wieder so heiß diskutiert wird. Er geht zurück auf das Deutsche Demokratische Reich, ist aber im Grunde viel älter. Denn schon seit der Schlacht am Teutoburger Wald weiß die Welt, dass die Germanen keinen Humor kennen, wenn Fremde Streit suchen; die Bundesregierung unter Angela Merkel hat diesen Pfeiler der deutschen Leitkultur nur einen Moment lang aus den Augen verloren.

Diese kleine Abschweifung soll gedanklich den Weg bahnen zu Martin Luther, einem der Väter dieser Leitkultur. Er kommt im nächsten Jahr bekanntlich mit dem 500. Jubiläum der Reformation derart herab und über uns, dass uns Hören und Beten vergeht. Der Boom hat längst begonnen: 400.000 Luther-Figuren hat die Firma Playmobil schon jetzt verkauft, ein Männlein mit Beatles-Frisur und Sturzhelm, das in der Rechten einen Federkiel und in der Linken die frisch übersetzte Bibel hält. Siebeneinhalb Zentimeter hoch, auf den ersten Blick eine Art Darth Vader, aber auf der guten Seite der Macht.

Das Prinzip ist einfach

Das Marketing-Prinzip ist, wie man hört, recht einfach: Sobald irgendwo Margot Käßmann auftritt, schießen die Bestellzahlen in die Höhe. Als Konfirmationsgeschenk soll der Plastik-Reformator besonders beliebt sein, auch wenn dabei die Gefahr droht, dass er im Kinderzimmer zwischen feuerspeiende Drachen oder in den Aqua-Funpark gerät, wo er seine Thesen so lange anschlagen kann, wie er will.

Entscheidend aber ist: Deutschland hat ihn nicht vergessen, will ihn nicht vergessen. Hochgerechnet werden im nächsten Jahr, sagen wir, zwei Millionen Luthers in deutsche Wohnzimmer vorgedrungen sein, und das sicher auch in ökumenisch aufgeschlossenen katholischen Stuben unter dem Kreuz. Ja, man könnte sich sogar vorstellen, dass die eine oder andere Figur den Weg in den islamistischen Lebenskreis findet, denn Luther, weder Gott noch Unmensch, hat ein paar saftige Zitate hinterlassen, die auch verbissenen Judenhassern gefallen sollten.

Aber das sollte hier nicht im Mittelpunkt stehen. Ein Religionsstifter, auf dem Deutschlands Selbstverständnis zum großen Teil beruht, breitet sich als Plastikfigur zum Anfassen überall aus: Vor einem solchen Land muss wirklich niemand Angst haben.

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