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Politik: Letzte Chance für Arafat

Jerusalem. Mit der Beisetzung des ermordeten ultra-rechten Tourismusministers Rehawam Seewi schien Israel am Donnerstag auch die Hoffnungen der letzten Wochen auf eine Wiederaufnahme des friedlichen Dialogs mit den Palästinensern zu Grabe zu tragen.

Jerusalem. Mit der Beisetzung des ermordeten ultra-rechten Tourismusministers Rehawam Seewi schien Israel am Donnerstag auch die Hoffnungen der letzten Wochen auf eine Wiederaufnahme des friedlichen Dialogs mit den Palästinensern zu Grabe zu tragen. Mit dem ersten tödlichen Attentat auf einen israelischen Minister haben die palästinensischen Extremisten eine weitere rote Linie Israels überschritten. Palästinenserpräsident Jassir Arafat, der zuletzt angesichts einer erheblichen Beruhigung in den Palästinensergebieten auf einer Welle der internationalen Sympathie geschwommen war, wird erneut persönlich für die Gewalt der Palästinenser verantwortlich gemacht.

Scharon habe "gekocht vor Wut" über den Mord an seinem persönlichen Freund Seewi, berichteten israelische Zeitungen am Donnerstag. "Für mich ist die Ära Arafat beendet", zischte er nach einem Bericht von "Jediot Achronot". Arafat habe sieben Tage Zeit, um für absolute Ruhe in den Palästinensergebieten zu sorgen, sonst werde man ihm offiziell den Krieg erklären. Dazu drängen besonders die rechten Minister; sie fordern auch, ranghohe palästinensische Politiker auf eine "Todesliste" zu setzen.

Nach stundenlangen intensiven Debatten veröffentlichte die israelische Regierung am Donnerstag ein scharf formuliertes Ultimatum, das unter anderem die Auslieferung der Mörder Seewis an Israel fordert. Anderenfalls müsse man die Autonomiebehörde als "Terrororganisation" ansehen und entsprechend gegen sie vorgehen.

Dies kann die Autonomiebehörde jedoch nach Ansicht politischer Beobachter nicht, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Der palästinensische Planungsminister Nabil Schaath betonte, man würde niemals festgenommene Palästinenser an Israel ausliefern und sei auch durch die Friedensverträge nicht dazu verpflichtet.

Arafat wird es schwer fallen, angesichts des Zorns der palästinensischen Bevölkerung über gezielte israelische Liquidierungen mutmaßlicher palästinensischer Extremisten ein hartes Vorgehen gegen die radikalen Gruppen intern zu rechtfertigen. In den Augen vieler Palästinenser ist das Attentat auf Seewi ein legitimer Racheakt für die Liquidierung des PFLP-Führers Abu Ali Mustafa durch die israelische Armee Ende August.

Nach mehr als einem Jahr des Konfliktes mit Israel ist auch die Unterstützung der Bevölkerung für einen Prozess der Aussöhnung mit der israelischen Besatzungsmacht erheblich gesunken - die Popularität der radikal-islamischen Gruppen steigt. Dazu kommt, dass der ermordete Seewi, der für einen "Transfer" der arabischen Bevölkerung aus den Palästinensergebieten eintrat, unter den Palästinensern einer der am meisten verhassten Israelis war.

Die Palästinenser werfen Israel vor, bereits aktiv die Ermordung Arafats vorzubereiten. Arafats Berater Nabil Abu Rudeineh sagte am Donnerstag, man verfüge über Informationen zu konkreten Plänen der israelischen Regierung zur Tötung des Präsidenten. Doch auch Scharon hat keine freie Hand. Obwohl er mit aller Kraft Arafat und die palästinensischen Extremisten mit den afghanischen Taliban und dem Terroristenchef Osama bin Laden gleichsetzen will, kann er sich in dieser Frage der Unterstützung der USA nicht gewiss sein.

Sara Lemel

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