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Illustre Runde. Gastgeberin Merkel bat US-Präsident Obama, Italiens Premier Renzi, die britische Premierministerin May, Spaniens Ministerpräsidenten Rajoy und den französischen Präsidenten Hollande an den runden Tisch, um über die transatlantischen Beziehungen zu beraten.

© REUTERS/Kevin Lamarque

Letzter Tag des Obama-Besuchs: Merkel setzt auf enge EU-Kooperation gegen die Ungewissheit

Der scheidende US-Präsident, Kanzlerin Merkel und vier weitere Regierungschefs aus großen EU-Staaten bekennen sich zur Zusammenarbeit. Donald Trump war zwar nicht anwesend, aber doch omnipräsent.

Die Sonne strahlt durch die gläserne Westfassade des Kanzleramts direkt in Barack Obamas und Angela Merkels Augen, als der scheidende US-Präsident und fünf EU-Kollegen sich am Freitagvormittag zum Gruppenfoto aufstellen. Die Themen ihres Minigipfels sind weniger heiter. Was sind die Folgen der Wahl Donald Trumps für die USA, für Europa und für die internationale Ordnung? Darüber beraten Merkel und Obama mit der britischen Premierministerin Theresa May, Frankreichs Staatspräsident François Hollande sowie den Regierungschefs von Italien und Spanien, Matteo Renzi und Mariano Rajoy.

Das Klimaabkommen ist in den USA nicht ratifiziert

Werden zum Beispiel das Pariser Klimaabkommen und der Atomdeal mit dem Iran auch unter Trump Bestand haben? Oder macht er seine Wahlkampfversprechen wahr und steigt aus beiden Abkommen aus? Der scheidende Präsident Obama hat sie geschlossen, es fehlt aber die Ratifizierung durch das US-Parlament. Und die Ausführungsbestimmungen beruhen auf Dekreten Obamas, die Trump am ersten Amtstag ebenfalls durch Dekrete einkassieren könnte.

Aber auch die Europäer sind in einer schwierigen Lage. Der Spanier Rajoy hat kürzlich nur mit Mühe eine Minderheitsregierung bilden können. Hollande steht vor allem wegen der rechtspopulistischen Bewegung in seinem Land vor der Wahl 2017 unter Druck. Und May wegen des Ausstiegs ihres Landes aus der EU. Renzi steuert nach letzten Umfragen vor dem Verfassungsreferendum am 4. Dezember auf eine Niederlage zu. Er hat für diesen Fall seinen Rücktritt angekündigt.

Merkel setzt angesichts von Ungewissheiten über den Kurs von Trump auf eine enge europäische Kooperation. „Ein Mensch alleine kann niemals alles lösen, sondern wir sind nur gemeinsam stark“, sagt sie bei einer Pressekonferenz mit dem spanischen Ministerpräsidenten. Sie wolle „das tun, was meine Aufgabe ist als deutsche Bundeskanzlerin. Nämlich meinen Dienst für die Menschen in Deutschland zu tun. Aber das schließt für mich ein, auch für den Zusammenhalt Europas und für den Erfolg Europas zu arbeiten.“

Einig bei den Russland-Sanktionen

Einig waren sich die sechs über den Umgang mit Russland. Sie wollen an den im Ukrainekonflikt verhängten Sanktionen gegen Russland festhalten. In der Zusammenfassung des Weißen Hauses über den Minigipfel hieß es, Obama, Merkel, Hollande, Rajoy, May und Renzi hätten geschlossen die Haltung vertreten, dass Moskau seine Verpflichtungen aus dem Minsker Friedensabkommen erfüllen müsse, bevor man die Sanktionen abmildern könne. In der Ostukraine gebe es weiterhin keine dauerhafte Waffenruhe. Ein sicheres Umfeld sei wichtig, um in den von prorussischen Rebellen besetzten Regionen Donezk und Lugansk „freie und faire Wahlen“ zu organisieren.

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Obama und die fünf Europäer gaben auch ein Bekenntnis zur künftigen Zusammenarbeit in der Nato ab. Trump hatte mit seinen Äußerungen im Wahlkampf bei den Nato-Partnern Zweifel an der Bündnistreue der Vereinigten Staaten geweckt. Zugleich äußerte er sich wohlwollend über Russlands Staatschef Wladimir Putin. Das hat Unsicherheit bei den Nato-Partnern in Europa ausgelöst, ganz besonders in den Staaten nahe der russischen Grenzen. Was ist von der US-Außenpolitik unter Präsident Trump zu erwarten?

Weitere Themen des letzten Treffens von Obama mit seinen europäischen Partnern waren der Kampf gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien, im Irak und in Libyen sowie die Flüchtlingskrise. Angesichts des syrischen Bürgerkriegs drückten alle Teilnehmer „große Besorgnis“ über die humanitäre Situation in Aleppo aus. Sie stimmten darin überein, dass „die zunehmenden Angriffe gegen die Stadt durch das syrische Regime und seine Unterstützer, darunter Russland und der Iran, umgehend gestoppt werden müssen“.

Obama fliegt zum letzten Gipfel - nach Peru

Das Treffen war Obamas letzter offizieller Programmpunkt während seines dreitägigen Abschiedsbesuchs in Berlin. Kurz vor 13 Uhr hob die „Air Force One“ vom Flughafen Tegel ab in Richtung Azoren. Dort wird aufgetankt, ehe es weitergeht zum Treffen des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (Apec) in Peru, Obamas letzte internationale Konferenz als Präsident.

Zum Abschied überreichte ihm Merkel eine traditionelle Weihnachtspyramide aus dem Erzgebirge. Ein Geschenk mit symbolischer Botschaft. Im Mittelalter verband sich mit den handgeschnitzten, mehrstöckigen Pyramiden aus Holz die Hoffnung, die Kraft des Kerzenlichts solle Unheil in der dunklen Winterzeit abwenden. Einen solchen Schutzeffekt können Europa und Amerika angesichts der politischen Sorgen derzeit beide ganz gut gebrauchen.

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