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Politik: "Leugner von NS-Verbrechen gehören nicht in Regierung", äußert Viktor Klima auf der Stockholmer Konferenz

Die bevorstehende Regierungsbeteiligung der FPÖ des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider hat beim Internationalen Forum zum Holocaust in Stockholm lange Schatten geworfen. Am Donnerstag, dem 55.

Die bevorstehende Regierungsbeteiligung der FPÖ des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider hat beim Internationalen Forum zum Holocaust in Stockholm lange Schatten geworfen. Am Donnerstag, dem 55. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung, erinnerte der französische Anwalt und Publizist Serge Klarsfeld (64) bei einer Podiumsdebatte zunächst an seinen in Auschwitz ermordeten Vater. Wenig später meinte er, mangelnde Erinnerung an den Holocaust führten zu Entwicklungen wie dem Aufstieg Haiders in Österreich.

Der noch amtierende österreichische Kanzler Viktor Klima absolvierte als einer der 20 nach Stockholm gereisten Staats- und Regierungschef beim Holocaust-Forum einen Balanceakt in Sachen Haider. Während er sein Land in Interviews eher gegen Vorwürfe wegen fehlender Aufarbeitung der Beteiligung an der Juden-Vernichtung in Schutz nahm, zielte er in seiner Rede vor den 600 Delegierten wohl direkt auf den geplanten Regierungseintritt der Haider-Partei, als er sagte: "Der Holocaust ist nicht nur das größte Verbrechen des 20. Jahrhunderts, er ist eine der monströsesten Untaten der Geschichte der Menschheit. Wer das nicht klar und deutlich sagt, ist ungeeignet, öffentliche Verantwortung zu übernehmen. Er hat in der Politik und in Staatsämtern nichts zu suchen."

Abseits der offiziellen Reden bestimmten die Gefahren und Chancen weltweit vernetzter Medien bei der Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus den zweiten Tag der Konferenz. Fachleute aus mehr als 40 Ländern setzten sich in Arbeitsgruppen mit der Thematik auseinander. Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte eine zumindest EU-einheitliche Gesetzgebung, die das Leugnen des Völkermordes an den Juden unter Strafe stellt. Zurzeit sei es zwar in Deutschland oder Frankreich verboten, nicht aber in Schweden oder Dänemark, kritisierte der Vizepräsident des Zentralrats, Michel Friedman. Das ermögliche es den Neonazis, ihre antisemitischen Inhalte ins Internet zu stellen und weltweit zu verbreiten. Besonders in Schweden haben antisemitische Aktivitäten in jüngster Zeit deutlich zugenommen, und es gibt Hinweise auf eine Vernetzung mit deutschen Gruppen. Während die Delegierten aus 47 Ländern über angemessene Formen lebendiger Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten und ihrer Helfer diskutierten, verhandelte gleichzeitig im schwedischen Helsingborg das Amtsgericht gegen drei führende Neonazis wegen Verbreitung von rassistischer Gewaltpropaganda.

In der schier endlos wirkenden Reihe der Reden der Delegationschefs mit oft identischen Formulierungen zum Thema Holocaust kam solch aktueller Bezug nicht immer zum Ausdruck. "Svenska Dagbladet" schrieb am Donnerstag, es gebe auch bei dieser Konferenz eine Tendenz zum Rituellen, zu einer Art "Beschwörungs-Religion" in Sachen Holocaust. Damit mochte auch gemeint gewesen sein, dass Schwedens Ministerpräsident als Gastgeber ohne Zögern einem Vorschlag des Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel zustimmte, von nun an jährlich eine derartige Konferenz in Stockholm zu veranstalten.

Da war der Ton ein ganz anderer, wenn in den Stockholmer Workshops Überlebende des Holocaust oder Nachfahren von Opfern über Formen des Erinnerns stritten. Serge Klarsfeld sah darin keinen Widerspruch. Es sei gut, wenn Regierungsvertreter zu Konferenzen wie dieser geholt und auf aktives Handeln gegen alle Tendenzen zu ähnlichen Verbrechen wie beim Holocaust verpflichtet werden könnten. "Wichtiger als alles andere aber ist, dass wir uns an die Opfer erinnern, jedes einzelne von ihnen", sagte Klarsfeld.

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