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Libanon: Ahmadinedschad reist an die israelische Grenze

Irans Präsident Ahmadinedschad besucht den Libanon – doch nur die Hisbollah bereitet ihrem Förderer einen herzlichen Empfang.

Der Süden Beiruts wird mit Plakaten gepflastert. Seit Tagen teilt die Hisbollah ihre Fähnchen aus, zusammen mit der Aufforderung, „unseren Bruder“ aus dem Iran nach dessen Ankunft kräftig zu bejubeln. Für Mittwoch hat sich Mahmud Ahmadinedschad zu einem zweitägigen Besuch im Libanon angesagt, dem ersten seit seinem Amtsantritt 2005. Für das zerrissene Land am Mittelmeer kommt dieser Auftritt zu einem denkbar ungünstigen Moment. In wenigen Wochen will das „Spezielle Tribunal für den Libanon“ in Den Haag seine Ermittlungen zum Mord an Ex-Premier Rafik Hariri auf den Tisch legen und offenbar Mitglieder der Hisbollah als Täter anklagen. Das könnte leicht zu neuen bewaffneten Tumulten führen wie 2008, als mehr als 100 Menschen bei Schießereien starben. Auch zwischen Hisbollah und Israel schaukelt sich der Krieg der Worte immer weiter hoch. So brüstete sich Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah zuletzt damit, seine Kämpfer verfügten inzwischen über 40 000 Raketen, dreimal so viele wie vor dem Krieg 2006. Israel nannte im Gegenzug die Visite Ahmadinedschads „eine Provokation“, ließ aber offen, wie es darauf reagieren werde.

Und so wundert es nicht, dass die libanesischen Staatsspitzen den unkalkulierbaren Besucher mit wenig Enthusiasmus erwarten. Zunächst trifft Irans Präsident seinen Amtskollegen Michel Sleiman im Baadba-Palast, um danach Regierungschef Saad Hariri in dessen Residenz kurz die Hand zu schütteln. Das anschließende Programm aber wird Ahmadinedschad dann nutzen für ein doppeltes politisches Signal. Gegen die Ermittler aus Den Haag will er der schiitischen Hisbollah demonstrativ den Rücken stärken. Erzfeind Israel will er demonstrieren, dass der Einfluss der Islamischen Republik bis an dessen Grenze reicht.

Und so redet Ahmadinedschad am Mittwochabend zunächst einmal im Al-Raya-Stadion in Süd-Beirut zu Anhängern der Hisbollah, deren Chef Nasrallah sich seit Jahren im Untergrund versteckt halten muss. Zur Einstimmung hatte dieser am Wochenende bereits per Videobotschaft dem Iran für dessen „moralische und politische Unterstützung“ sowie für die „enormen Summen“ zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Südens gedankt. Am Donnerstag wird sich der iranische Gast dann per Hubschrauber selbst vor Ort einen Überblick verschaffen. Im Örtchen Qana, das 1996 und 2006 von israelischer Artillerie schwer beschossen wurde, legt er Kränze an den Gräbern der Opfer nieder. Anschließend besichtigt er die grenznahen Dörfer Bint Jbeil und Marun al Ras, wo sich Hisbollah und israelische Truppen im Sommer 2006 besonders harte Kämpfe lieferten.

Scharfe Kritik an diesem Programm kam derweil aus dem Regierungsbündnis von Premier Saad Hariri. Ahmadinedschad wolle den Libanon zu einer „iranischen Machtbasis am Mittelmeer“ ausbauen, hieß es in einer Stellungnahme. Dennoch entschloss sich die Regierung mit Rücksicht auf den Gast zu einem ungewöhnlichen Schritt. Sie bat die Veranstalter des Internationalen Filmfestivals in Beirut, den Film „Grüne Tage“ der 22-jährigen iranischen Starregisseurin Hana Makhamalbaf aus dem Programm zu nehmen, solange Ahmadinedschad im Land weile. „Grüne Tage“ dokumentiert die gefälschte Parlamentswahl im Juni 2009 und die zerstörten demokratischen Hoffnungen des iranischen Volkes.

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