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Libanon: Die Waffen der Hisbollah

Die schiitischen Milizen lehnen eine Entwaffnung ab und die libanesische Regierung fühlt sich nicht zuständig. Damit steht die Umsetzung der UN-Resolution 1701 auf wackligen Beinen.

Beirut - Auch wenn die Waffen schweigen: Der Weg zu einem friedlichen Libanon ist noch weit, und er birgt erhebliche Gefahren. Was die hochgerüstete israelische Armee in tausenden Luftangriffen nicht erreichte, soll nach dem Willen des UN-Sicherheitsrats nun auf friedlichem Wege erfolgen: die Entwaffnung der radikalislamischen Hisbollah-Miliz. Im Süden des Libanon hat die Schiitengruppe in den vergangenen Jahren eine Art Staat im Staate gebildet. Nicht die libanesische Regierung, sondern die Aktivisten der Hisbollah haben dort das Sagen. Ob sich die Gruppe diese Machtposition freiwillig nehmen lässt, ist fraglich.

Da die Führung der schiitischen Milizen eine Entwaffnung ablehne, bestehe die Gefahr, dass die Waffen einfach versteckt würden, warnen Experten. "Die Waffen werden versteckt, und sie werden wieder benutzt werden, sobald der Konflikt wieder auflebt", glaubt der Politologe Amal Saad, Autor einer Studie über die Hisbollah. Die arabische Tageszeitung "Al Hayat" argumentiert ähnlich: "Die libanesische Regierung wird mit der Entwaffnung nicht weit kommen." Die libanesische Armee werde ohne Probleme wie in der UN-Resolution vorgesehen im Südlibanon Stellung beziehen können, doch dauerhaft gelöst sei das Problem damit natürlich nicht.

Wie heikel das Thema für die Regierung in Beirut ist, zeigen die verhaltenen Stellungnahmen aus Beirut. Der libanesische Verteidigungsminister, Elias Murr, vermeidet es sorgfältig, zu der Frage der Entwaffnung eine eindeutige Position zu beziehen. Die 15.000 libanesischen Soldaten, die im Süden stationiert würden, würden die Hisbollah nicht entwaffen, sagt Murr. Allerdings erwarte er von den Milizionären, dass sie in der Region keine Waffen trügen. "Wenn die Armee eines Tages in der Region stationiert ist, werden sie und die UN-Truppen die einzigen sein, die Waffen tragen."

Frankreich fordert Garantien

Das Thema droht nun die Umsetzung der UN-Resolution 1701 zu gefährden, die den einmonatigen Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah beendete. Frankreich, das bis zu 4000 Soldaten in die Krisenregion schicken und die Leitung der UN-Truppe übernehmen will, hat schon angekündigt, es wolle keine Truppen entsenden, solange es keine Garantien für eine Entwaffnung der Hisbollah gebe. Und Israel fordert nicht nur die Entwaffnung, sondern gleich die Zerschlagung der Hisbollah.

Auch wenn Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah eine Entwaffnung seiner Miliz nicht grundsätzlich ablehnt, verweigert er doch eine Waffenabgabe unter "Druck und Einschüchterung". Ein Treffen des libanesischen Kabinetts zu der Frage wurde am Sonntag nach heftigem Streit auf unbestimmte Zeit verschoben. Vertreter der anti-syrischen Mehrheit äußerten, dass die Hisbollah - mit der Unterstützung von Syrien und Iran - einfach nicht über eine Entwaffnung verhandeln wolle.

Wieder eine Sackgasse?

Die Hisbollah habe ihre Position "nicht um ein Jota" verändert, sagt Wadah Scharara, der ein Buch über die Stellung der Hisbollah im Libanon geschrieben hat. Die Miliz wolle das Thema auf dem Umweg eines Dialogs zwischen den verschiedenen libanesischen Bevölkerungsgruppen und deren Führern lösen und damit de facto für absehbare Zeit auf Eis legen. "Aber Nasrallah hat die Tür zu einer Lösung nicht völlig zugeschlagen", betont Scharara.

Ein Vertreter der anti-syrischen Parlamentsmehrheit in Beirut, der nicht genannt werden wollte, sagt, die Verschiebung der Thematik werde wieder in genau die Sackgasse führen, die Israel Anlass für seine Angriffe gegeben habe. "Das wirkliche Problem ist nicht die Entwaffnung, sondern die Entscheidung, ob die Waffen benutzt werden, um Krieg oder um Frieden zu schaffen", sagt der Abgeordnete. (tso/AFP)

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