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Libanon: Massenflucht aus Palästinenserlager

Nach drei Tagen heftiger Gefechte zwischen der libanesischen Armee und radikalen Islamisten fliehen immer mehr Palästinenser. In Autos und auf Lastwagen verließen Tausende das Lager Nahr al-Bared bei Tripoli.

Beirut - Viele Flüchtlinge versuchten, sich zu Fuß in einem benachbarten Palästinenserlager in Sicherheit zu bringen. Dabei nutzten sie ein Abflauen der Gefechte am Abend. Am Nachmittag hatten die Milizionäre der radikal-islamischen Fatah al-Islam eine einseitige Waffenruhe verkündet. Während die Kämpfe nach kurzer Zeit wieder aufflammten, beruhigte sich die Lage nach Angaben der Armee mit Einbruch der Dunkelheit. "Die Lage rund um das Camp ist ruhig, und beide Seiten halten sich an die Waffenruhe", sagte ein Armeesprecher. Bei den seit Sonntag andauernden Kämpfen kamen Dutzende Menschen ums Leben, darunter viele Zivilisten. Genaue Opferzahlen gab es zunächst nicht.

Flüchtlinge, die mit weißen Fahnen das Lager verließen, berichteten über katastrophale Zustände in dem Camp. Die Leichen der bei den Kämpfen Getöteten blieben in den Straßen liegen, während die Krankenstationen von Verwundeten überfüllt seien. "Die Belagerung und die Kämpfe führen dazu, dass viele an ihren Verletzungen sterben, weil sie nicht behandelt werden können", berichtete auch ein Arzt telefonisch aus dem Lager. Sollten die Gefechte weitergehen, drohe eine humanitäre Katastrophe, sagte er.

Bewohner unter Schock

Am Dienstagnachmittag war es Mitarbeitern des UN- Flüchtlingshilfswerks UNRWA erstmals gelungen, mit Lastwagen Nahrungsmittel, Medikamente und Stromgeneratoren in das Flüchtlingslager zu bringen. Auch sie schilderten die Lage als dramatisch. Viele Bewohner des Lagers befänden sich in einem "Zustand des Schocks und der Angst", sagte ein UN-Mitarbeiter. Auch ihr Konvoi sei beschossen worden. Dabei sei ein Lastwagen mit Trinkwasser beschädigt worden. Die Mitarbeiter des Flüchtlingshilfswerks seien aber unverletzt geblieben.

Die Armee geht seit Sonntag gegen Mitglieder der radikalen Sunniten-Gruppe in dem seit 1949 bestehenden palästinensischen Flüchtlingslager vor. Nach einer 38 Jahre alten Abmachung ist der Armee der Zutritt zum Lager selbst verboten. Die Kämpfe am Eingang waren ausgebrochen, nachdem es zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten und Angehörigen der Gruppe gekommen war, die eine Bank ausgeraubt haben sollen. Insgesamt leben im Libanon rund 367.000 Palästinenser in zwölf Flüchtlingslagern. (tso/dpa)

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