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Libyen: Rebellen starten Offensive gegen letzte Gaddafi-Hochburgen

Die Truppen der Aufständischen rücken auf Beni Walid und Sirte vor. Der Präsident des Übergangsrates traf am Samstag in Tripolis ein. Guinea-Bissau bietet dem gestürzten Diktator Asyl an.

Nach Ablauf des Ultimatums für die Gaddafi-Truppen, die in den letzten vier verbliebenen Bastionen des gestürzten Despoten verschanzt sind, haben die libyschen Rebellen am Sonntag mit ihren Offensiven gegen die Städte Beni Walid, Sirte, Al Jufra und Sabha begonnen. An den Ausgängen der belagerten Orte hatten sie zuvor eine große Zahl von Kämpfern, Fahrzeugen und Geschützen zusammengezogen, während Drohnen und Kampfflugzeuge der Nato am Himmel operierten. Die Militärführung der Rebellen in Tripolis rechnet mit erbittertem Widerstand der gut bewaffneten Gaddafi-Anhänger, die noch über große Mengen an Munition verfügen.

Gespräche über eine friedliche Übergabe von Beni Walid, das 150 Kilometer südöstlich von Tripolis liegt und 100 000 Einwohner hat, waren zuvor gescheitert. Die lokalen Unterhändler konnten die in den Wohnvierteln verbarrikadierten rund 1000 Gaddafi-Soldaten nicht zur Kapitulation bewegen. Angeblich sollen sich in den höhlenreichen Arealen um die Stadt herum auch Gaddafis Sohn Mutassim sowie der ehemalige Regimesprecher Mussa Ibrahim versteckt halten. Die Radiostation von Beni Walid sendete am Wochenende mehrmals Gaddafis letzte Durchhalteparolen, in der er von einer „Stunde null“ sprach und seine Anhänger beschwor, „die Ratten und streunenden Hunde“ zu bekämpfen. Eine zweite Rebellenarmee aus mehr als 200 Fahrzeugen begann von Misrata aus mit dem Vormarsch auf Sirte.

Am Samstag war der Präsident des Nationalen Übergangsrates (NTC), Mustafa Abdel Jalil, zum ersten Mal nach dem Fall von Tripolis in der libyschen Hauptstadt eingetroffen. Er wurde auf dem Metiga-Militärflughafen von den Aufständischen frenetisch gefeiert. In einer Ansprache beschwor der ehemalige Justizminister unter Gaddafi die Rebellen, keine Rache zu üben und das Recht nicht in die eigene Hand zu nehmen. „Viele Tragödien haben sich abgespielt, aber wir müssen jetzt alle unsere Kräfte bündeln, um die verbliebenen libyschen Städte Beni Walid, Sabha und Sirte zu befreien.“ Gaddafi verfüge immer noch über viel Geld und Gold. „Das wird ihm helfen, weiterhin Kämpfer zu rekrutieren“, sagte er. Die Situation liege nun in den Händen der Kommandeure auf dem Schlachtfeld.

Vize-Premier und Ölminister Ali Tarhouni, der sich bereits seit zwei Wochen in Tripolis aufhält, erklärte, Libyens Ölproduktion werde in drei bis vier Tagen wieder anlaufen. Die Staatseinnahmen des arabischen Mittelmeeranrainers hängen zum großen Teil von den Ölexporten ab. Nach Tarhounis Einschätzung sind durch den Bürgerkrieg zehn bis 15 Prozent der Förderanlagen zerstört worden. Die volle Produktionskapazität könne daher frühestens in einem Jahr erreicht werden. Auch die Gefahr von Sabotageangriffen versprengter Gaddafi-Banden ist nach Angaben des Nationalen Übergangsrates noch nicht vollständig gebannt.

Der Verbleib Gaddafis war weiter unklar. Allerdings hat sich zumindest einer der Söhne des Diktators nach Niger abgesetzt. Die Armee habe am Sonntag einen Konvoi aus Libyen angehalten, in dem sich auch Saadi Gaddafi befunden habe, teilte Nigers Justizminister Marou Amadou am Sonntagabend mit. Unterdessen bot Premier Carlos Gomes Jr. von Guinea-Bissau dem gejagten Diktator Asyl an. Gaddafi verdiene Respekt, man werde ihn mit „offenen Armen“ empfangen.

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