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Während sich Libyen auf der ITB in Berlin präsentiert, dreht die Bundesregierung der libyschen Notenbank den Geldhahn zu.

© dapd

Update

Libyen: Sarkozy will Luftangriffe gegen Gaddafi

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will offenbar gezielte Luftangriffe auf Libyen. Die deutsche Regierung hält allerdings nicht von einem französischen Alleingang und setzt stattdessen auf schärfere EU-Sanktionen.

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Die Europäische Union steuert in der Debatte über den Umgang mit Libyens Machthaber Muammar al Gaddafi auf eine schwere Krise zu. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will offenbar gezielte Luftangriffe auf Libyen. Diesen Vorschlag wolle er den EU-Partnern am Freitag auf dem Libyen-Sondergipfel in Brüssel unterbreiten, hieß es in Regierungskreisen in Paris. Außerdem sollten die Kommunikationssysteme der libyschen Streitkräfte gestört und die Kommandostrukturen Gaddafis außer Kraft gesetzt werden. Die Bundesregierung lehnte den Vorschlag aus Paris ab. Auch militärische Aktionen, die nicht so umfassend seien wie eine Flugverbotszone, setzten einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats voraus, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. Die Sarkozy-Vorschläge seien „die Heimwerker-Variante der internationalen Flugverbotszone“. Deutschland bestehe „auf einer UN-Mandat für jede Variante“.

Auch in der Frage der Anerkennung der selbst ernannten libyschen Übergangsregierung sind Paris und Berlin uneinig. Frankreich erkannte als erster Staat den von der libyschen Opposition eingesetzten Nationalrat als „rechtmäßige Vertretung“ des Landes an. Dies hatte zuvor auch das Europäische Parlament gefordert. Die Bundesregierung lehnt eine schnelle Anerkennung ab. Zunächst müssten die Beratungen in der EU und mit dem UN-Sonderbeauftragten für Libyen abgewartet werden, sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vor dem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.

Die Bundesregierung argumentiert, die Lage in Libyen sei zu unübersichtlich, und die Anerkennung habe keine rechtlichen Folgen. „Völkerrechtlich ist das irrelevant“, sagte ein hoher Vertreter des Kanzleramts. Die französische Entscheidung war nicht mit Berlin abgestimmt. Außenpolitiker im Bundestag zeigten sich enttäuscht über das französische Vorpreschen und bedauerten, dass die EU zu keiner gemeinsamen Linie finde. Zu Anfang der Libyen-Krise hatte vor allem Italien eine schnelle Verurteilung von Gaddafis gewaltsamem Vorgehen durch die EU blockiert. Sanktionen gegen Gaddafi beschloss die EU erst, nachdem der UN- Sicherheitsrat dies schon Tage zuvor getan hatte. Am Donnerstag wurden diese dann aber verschärft. Die EU-Staaten hätten für fünf weitere libysche Finanzorganisationen Sanktionen beschlossen, teilte die ungarische Ratspräsidentschaft mit. Zudem wurde eine weitere Person aus dem Umfeld von Machthaber Muammar al Gaddafi mit einem Einreiseverbot und einer Kontosperre belegt.

Nach Angaben aus Sarkozys Umfeld wurden bereits drei Ziele für Luftangriffe ins Auge gefasst: der Militärflughafen in Sirte, 500 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis, der Militärflughafen in Sebha im Süden und die Kommandozentrale Gaddafis in Tripolis. Westerwelle warnte vor einer Verwicklung der EU in einen Bürgerkrieg. „Wir wollen nicht auf eine schiefe Ebene geraten, an deren Ende wir dann in einem unkalkulierbaren Risiko sind und selber Partei in einer Bürgerkriegssituation sein könnten“, sagte er.

Grünen-Fraktionsvize Frithjof Schmidt verwies auf mögliche negative Auswirkungen einer Flugverbotszone. „Ohne Luftschläge und massive Bombardierungen ist dieses Instrument nicht durchsetzbar“, sagte er dem Tagesspiegel. Einheiten der Flugabwehr könnten in Wohngebieten versteckt werden, weshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit Zivilisten getötet würden. Nötig seien vielmehr die Ausschöpfung aller zivilen Mittel und „weitere radikale Schritte zur Verschärfung der Sanktionen, etwa die Kappung aller Finanzzahlungen an Libyen“. (mit AFP)

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