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Politik: Liebe Grüße von der Basis

Die NRW-SPD erholt sich vom Schreck über eine Kanzlerin Merkel und pocht auf Einhaltung des Wahlmanifests

Düsseldorf - Der Brief war an den „Lieben Franz“ adressiert, die Botschaft eindeutig. „Peer Steinbrück soll Finanzminister werden“, verlangen gleich zwei Bezirke der nordrhein-westfälischen SPD. Die Ostwestfalen und die westlichen Westfalen haben dem Parteichef mitgeteilt, dass sie keine lange Hängepartie wünschen und den ehemaligen Ministerpräsidenten für den besten Mann in der künftigen Bundesregierung auf diesem schwierigen Posten halten.

Franz Müntefering war über diese Meinungsäußerungen der Basis vermutlich wenig überrascht. Es gibt sogar Hinweise, dass er sie bestellt hat. Denn seit einigen Tagen bedrängen ihn vor allem Linke aus der eigenen Fraktion, bitte auf Steinbrück zu verzichten und statt ihm den neuen Chef des größten SPD-Landesverbandes, Jochen Dieckmann, nach Berlin zu rufen. Von ihm erhoffen sie sich mehr Verständnis für die Seele der Partei und deren Wünsche.

Dabei hat Dieckmann den Landesverband nach der Wahlniederlage am 22. Mai gerade erst übernommen und versprochen, den Übergang zu moderieren. „Er hat damals gesagt, er strebe keine weiteren Ämter an“, erinnert sich Norbert Römer, der Chef der mächtigen westlichen Westfalen. Dieckmann selbst betrachtet Schauspiel und Spekulationen um die eigene Person eher amüsiert aus der Distanz, er ist nicht einmal nach Berlin gereist. „Ich habe keinen Anlass, mir Gedanken zu machen“, viel mehr mag er zu den Vorgängen nicht sagen. Natürlich ehrt es ihn, für ministrabel gehalten zu werden; zumal er schon in NRW das Amt des Finanzministers von Steinbrück übernommen hat. Da er sich allerdings den Neuaufbau der Partei auf die Fahnen geschrieben hat und mit dem Bundestagswahlergebnis ermuntert worden ist, diesen Kurs fortzusetzen, spricht viel dafür, dass er in Düsseldorf bleibt. „Wir müssen unser Wahlmanifest ernst nehmen“, ruft er den Berliner Koalitionsverhandlern zu und erinnert daran, dass die Partei an Rhein und Ruhr immer dann stark war, wenn sie versucht hat, Innovation und soziale Gerechtigkeit überzeugend miteinander zu verbinden.

Nach der ersten Aufregung über eine künftige Kanzlerin Merkel scheint sich diese Sicht im Landesverband durchzusetzen. Mit der Person der CDU-Chefin können viele Genossen nichts anfangen. „Die Merkel schafft das nicht“, sagt etwa Dieter Jansen, ein Urgestein der SPD aus dem Ruhrgebiet. Der Mann ist seit langen Jahren Ortsbürgermeister in Oberhausen Sterkrade und auch dann mit absoluten Mehrheiten wiedergewählt worden, als die Menschen die SPD anderswo im Revier abgestraft haben. Der IG-Metaller freut sich, zählt den Erhalt der Tarifverträge auf, spricht davon, wie viele Menschen in seinem Umfeld auf Steuerfreiheit von Nacht- und Schichtzuschlägen angewiesen seien. „Das kommt jetzt so auf die Spur, wie die SPD das wollte“, sagt er. Mit dem Hinweis, dass die Sozialdemokraten im Kabinett nicht mit den Zukunftsministerien bedacht worden sind, kann er wenig anfangen: „Wir konnten doch nicht auf Soziales und Arbeit verzichten.“ Die Gewerkschaftsspitze in NRW sieht das ähnlich. IG-Metall-Chef Detlef Wetzel zählt die Klarheit an der Tariffront zu den wichtigsten Signalen: „Die Eingriffe wurden abgewehrt und das ist gut so.“

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