zum Hauptinhalt

Politik: Lieber kein Berliner

Die amerikanische Stadt Boca Raton hat die Partnerschaft mit Spandau gekündigt – auch wegen der deutschen Irak-Politik

Jetzt ist das Tischtuch zerrissen zwischen dem Berliner Bezirk Spandau und der US- Stadt Boca Raton (Florida). 24 Jahre lang waren sie Partner, nach der amerikanischen Stadt ist in Spandau sogar eine Straße benannt. Aus und vorbei. Boca Raton, wo auch Steffi Graf wohnt, hat die Freundschaft gekündigt. Und dafür gebe es nicht nur einen, sondern viele Gründe, sagt Bürgermeister Steven Abrams in der „Palm Beach Post“. So habe es dem City Council gar nicht gefallen, dass Spandauer Anwohner am 1. November gegen die Rückbenennung der Kinkel- in Jüdenstraße demonstrierten und dabei antisemitische Parolen skandiert haben sollen. Die ablehnende deutsche Position zum Irak-Krieg bekräftigte den Stadtrat in seiner Vermutung, dass die Berliner nicht mehr gesellschaftsfähig sind.

Bereits Anfang des Jahres bat der amerikanische Bürgermeister seinen Spandauer Kollegen Konrad Birkholz um Aufklärung zum Fall Jüdenstraße – sagt Abrams. Im Spandauer Rathaus kam dieses Schreiben nie an – sagt Birkholz. In einem dreiseitigen Brief hat sich im April der Bezirksbürgermeister um Schadensbegrenzung bemüht. Eine Antwort gab es bisher nicht. Stattdessen ging Boca Raton auf Brautschau.

Ende März hat der Stadtrat beschlossen, nach einem neuen Städtepartner zu suchen, der auch wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Die Partnerschaft mit Spandau sei „nicht produktiv“, sagt Abrams. Kleiner Trost: Die Entscheidung habe nichts mit den Menschen in Spandau zu tun. Elmar Coenen vom Spandauer Partnerverein glaubt noch nicht an das Ende, eine Gruppenreise der Spandauer nach Boca Raton wurde aber vorerst abgesagt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns mit offenen Armen empfangen würden.“ Doch einiges weist darauf hin, dass die Leidenschaft schon lange abgekühlt war: Dass Boca Raton einen neuen Bürgermeister hat, erfuhren die Spandauer erst Anfang des Jahres. Abrams ist seit 2001 im Amt.

Rainer W. During

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false