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Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen.

© Foto: IMAGO/Felix Zahn

Exklusiv

Ministerium gibt Liste heraus: Lindners Bank-Videogruß war eine eher seltene Minister-Ehre

Das Finanzministerium macht erstmals Angaben zu den Grußworten des Chefs für private Firmen. Nur 23 Mal stand er seit Amtsantritt dafür bereit - gerade auch für alte Bekannte.

Mit dem Video-Grußwort von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist der Karlsruher BBBank eine offenbar eher seltene Ehre zuteilgeworden. Dies geht aus einer Liste von Reden, Gastbeiträgen und Grußworten hervor, die das Bundesfinanzministerium auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Matthias Hauer herausgegeben hat und die dem Tagesspiegel vorliegt.

Demnach hat Lindner seit Anfang September vergangenen Jahres nur zwei weitere Videobotschaften für Firmen eingesprochen - die BBBank hatte von ihm eine im Mai 2022 zum 100-jährigen Jubiläum erhalten. Insgesamt stand Linder – einschließlich schriftlicher Grußworte – seit seinem Amtsantritt im Dezember 2021 in lediglich 23 Fällen von mehr als 100 Anfragen privatwirtschaftlicher Unternehmen zur Verfügung.

Bisher hielt das Ministerium fast alles zu Lindners Grußwort-Geschäft zurück

Ob und welche weiteren Videogrußworte für Firmen es im letzten Jahr noch gegeben haben könnte, teilt das Ministerium vorerst nicht mit. Man arbeite derzeit an einer „mit erheblichem Aufwand“ verbundenen Auflistung sämtlicher Termine.

Seit Beginn seiner Amtszeit hat Bundesfinanzminister Christian Lindner überschlägig ca. 1400 Terminanfragen erhalten. Eine geeignete elektronische Erfassung der einzelnen Anfragen erfolgt nicht.

Auszug aus der Antwort des Bundesregierung an den CDU-Abgeordneten Matthias Hauer

Wie berichtet, prüft die Korruptionsabteilung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft, ob gegen Lindner wegen Verdachts der Vorteilsannahme ermittelt werden muss. Die Behörde sei daher in eine „übliche Vorprüfung“ bezüglich der Immunität Lindners eingetreten, der zugleich Abgeordneter im Bundestag ist. Aussagen über das Vorliegen eines Anfangsverdachts seien damit keine getroffen, hieß es.

Der Ex-FDP-Schatzmeister bekam eine Minister-Rede für seinen „Berliner Salon“

Hintergrund der Maßnahme sind Lindners Kredite bei der BBBank von bis zu 2,8 Millionen Euro für Kauf und Sanierung seines Privathauses. Wenige Wochen vor Eintragung einer zweiten Grundschuld in Höhe von 450.000 Euro hatte der Politiker in seinem Ministerium eine Grußbotschaft für die Karlsruher Genossenschaftsbank erstellen lassen.

Lindner bestreitet, dass es einen Zusammenhang  mit seinen privaten Angelegenheiten gibt; die Kredite seien zu marktüblichen Konditionen vergeben worden.

Mit der jetzt herausgegebenen Liste äußert sich das Finanzministerium erstmals umfangreich zu entsprechenden Terminen Lindners. Recherche-Anfragen des Tagesspiegels ließ man bis zum Bekanntwerden der „Vorprüfung“ weitgehend unbeantwortet.

Der CDU-Abgeordnete Hauer hatte seine Anfrage auf die letzten 14 Auftritte Lindners für Privatunternehmen beschränkt. Im Vordergrund standen der Antwort zufolge Aktivitäten von Medien, darunter Handelsblatt, FAZ und Süddeutsche Zeitung. Spezielle Videogrußworte gab es für die „Transaction 22“, ein Treffen der Fintech-Branche, und das Meinungsforschungsinstitut Insa.

Die Übersicht zeigt indes auch, dass Lindner in seinem neuen Amt für alte Bekannte ansprechbar ist: So war der Minister im Oktober 2022 für eine Rede im „Berliner Salon“ des Unternehmers Harald Christ zu Gast, ehemals Schatzmeister der FDP.

Mit dem Energiekonzern Eon stand Lindner in amtlicher Funktion ebenfalls im Oktober 2022 als Redner für ein Unternehmen bereit, das ihn als Abgeordneten 2018 mit einem Honorar von „Stufe 3“ für Vorträge entlohnt hatte - einem Betrag laut den damaligen Transparenzregeln des Bundestags zwischen 7000 und 15.000 Euro.

Die BBBank zahlt gut für Reden - vor allem für die von FDP-Politikern

Eine schriftliches Minister-Grußwort gab es zudem im November für die „10. Jubiläums-Kapitalmarktkonferenz“ der „Investor Partners GmbH“, die Lindner für einen Auftritt bei ihrer siebten „Kapitalmarktkonferenz“ im Jahr 2019 laut Bundestags-Webseite noch mit einer „Stufe 3“-Zahlung honorierte.

Lindners Anwalt erklärte dazu: „Alle früheren Nebentätigkeiten hat Herr Lindner stets korrekt gegenüber dem Deutschen Bundestag angezeigt und veröffentlicht. Termine als Minister stehen in keinem Zusammenhang mit Veranstaltungen, die er teilweise Jahre zuvor besucht hat.“ So sei beispielsweise bei der „Kapitalmarktkonferenz“ auch der hessische Finanzminister persönlich als Referent anwesend gewesen, weshalb ein schriftliches Grußwort des Bundesfinanzministers angemessen gewesen sei.

„Stufe 3“ kassierte Lindner auch bei mindestens drei seiner Auftritte als FDP-Abgeordneter für die BBBank, die gerade für ihre „Exklusiven Abende für den öffentlichen Dienst“ Spitzenkräfte aus der Politik anzuwerben pflegt. Als Redner ebenfalls begehrte Polit-Prominente wie die Linke-Politiker Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi kamen bei den „Exklusiven Abenden“ nur auf Stufe 2, das waren 3.500 bis maximal 7000 Euro.

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Reden und Grußworte gab es bisher von Finanzminister Lindner für Unternehmen der Privatwirtschaft

Die teurere „Stufe 3“ gab es von der BBBank dagegen noch für eine weitere FDP-Spitzenkraft: Alexander Graf Lambsdorff, künftig Botschafter in Moskau, war drei Mal für „Abendveranstaltungen“ zu Gast. Zwei Mal musste sich der Abgeordnete allerdings  mit „Stufe 2“ begnügen. Lambsdorff erklärte, er habe - anders als Lindner - sonst keinerlei private Geschäftsbeziehungen zur BBBank. 

Lindners bezahlte Auftritte bei der Bank könnten auch bei den weiteren Bewertungen der Generalstaatsanwaltschaft eine Rolle spielen. In mittlerweile gelöschten Internet-Videos trat der Politiker als eine Art Markenbotschafter auf.

Die geschäftliche Verbindung reicht zudem offenbar weiter zurück als bisher bekannt: Ein BBBank-Kundenmagazin nennt den Politiker schon bei einem „Exklusiven Abend“ im Jahr 2014 als Redner, damals noch FDP-Fraktionschef im nordrhein-westfälischen Landtag.

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