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Politik: Linke in Paris will Reform kippen

Paris - Frankreichs Sozialisten haben angekündigt, die umstrittene Reform zur Lockerung des Kündigungsschutzes für Berufseinsteiger vor dem Verfassungsrat in Paris kippen zu wollen. Am Dienstag reichte die Oppositionspartei eine Verfassungsklage gegen den so genannten Erstanstellungsvertrag ein.

Paris - Frankreichs Sozialisten haben angekündigt, die umstrittene Reform zur Lockerung des Kündigungsschutzes für Berufseinsteiger vor dem Verfassungsrat in Paris kippen zu wollen. Am Dienstag reichte die Oppositionspartei eine Verfassungsklage gegen den so genannten Erstanstellungsvertrag ein. Jean-Marc Ayrault, der Vorsitzende der sozialistischen Fraktion in der Nationalversammlung, hofft, dass die neun obersten Richter Frankreichs auf seine Beschwerde eingehen und die umstrittenen Bestimmungen des „Contrat Première Embauche“ (CPE) ganz oder teilweise für illegal erklären. Gegen die Entscheidung der Verfassungshüter, die innerhalb einer Frist von acht Tagen erwartet wird, gibt es keine Einspruchsmöglichkeit.

Falls der Protest gegen die Lockerung des Kündigungsschutzes in dieser Woche noch zunimmt, könnte ein Veto des Verfassungsrats als „Notausgang aus der Krise“ dienen, schrieb am Dienstag die Zeitung „Le Parisien“. Auch andere Kommentare in der französischen Presse sehen in einer salomonischen Entscheidung der „neun Weisen“ einen möglichen Ausweg aus der drohenden Eskalation. Inzwischen haben mehrere Hochschulrektoren in Rennes, Nanterre, Straßburg, Nantes und Toulouse nach den Protesten gegen die Reform aus Sicherheitsgründen ihre Fakultäten geschlossen.

Allerdings dürften die Verfassungsrichter nicht leichtfertig ein Urteil fällen, das als Kapitulation vor dem Druck der Straße ausgelegt werden könnte. Chirac äußerte sich am Dienstag in Berlin während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals zu dem Konflikt, in dem die Polizei in den vergangenen Tagen wiederholt massiv gegen Studenten vorgegangen ist. Er sprach seinem Premierminister Dominique de Villepin sein volles Vertrauen aus – „ohne jede Einschränkung“.

Rückendeckung und Lob bekam de Villepin am Dienstag auch von der französischen Arbeitgeberpräsidentin Laurence Parisot: „Der Premierminister ist vielleicht der erste Regierungschef der letzten Jahre, der sehr klar und mutig beschlossen hat, gegen die Arbeitslosigkeit anzukämpfen. Seine Diagnose, dass es (Frankreich) an Flexibilität mangelt, ist richtig.“

Bisher hatten sich die Arbeitgeber, die von de Villepin ebenso wenig wie die Gewerkschaften zum Projekt des gelockerten Kündigungsschutzes angehört worden waren, in dieser Auseinandersetzung zurückgehalten. Sie fordern eine Gesamtrevision des Arbeitsrechts und insbesondere der Entlassungsbedingungen. Eine Niederlage der Regierung würde diese Bestrebungen bis auf weiteres beeinträchtigen.

Rudolf Balmer

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