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Linke: Sahra Wagenknecht: Angekommen im Kollektiv

Vor ein paar Tagen erinnerte der designierte Linken-Chef Klaus Ernst daran, dass seine nun mutmaßlich künftige Stellvertreterin Sahra Wagenknecht das gesamtdeutsche Linksbündnis erst gar nicht wollte.

Von Matthias Meisner

Berlin - Angst gehabt habe Sahra Wagenknecht um die PDS, um ihre „kleine schnuckelige Partei“, sagte Ernst. Was stimmt: Wagenknecht, die mit ihrer Kommunistischen Plattform (KPF) der Partei die Notierung in den Verfassungsschutzberichten garantiert, hatte mal tatsächlich Sorge, sie könnte untergehen.

Aber jetzt wird die 40-jährige Philosophin doch, was ihr 1995 in der PDS und 2009 in der Linkspartei verwehrt wurde – stellvertretende Vorsitzende. Gregor Gysi hat umgedacht. Und schwärmt inzwischen nicht nur über die Fernsehtauglichkeit der Kommunistin: „Ich glaube, dass Sahra eine der intelligentesten Frauen in unserer Partei ist.“

Wagenknecht ist in Jena geboren, als Einzelkind aufgewachsen in Ostberlin, ihren aus dem Iran stammenden Vater lernte sie nie kennen. In der DDR bekam sie keinen Studienplatz. Begründung: Sie sei nicht genügend aufgeschlossen fürs Kollektiv. In der PDS war sie über Jahre eine Randfigur, nur aus Gründen der Milieupflege geduldet. Mit Büchern wie „Die Mythen der Modernisierer“ oder „Kapitalismus im Koma“ legte sie sich inhaltlich fest. Die Mauer nannte sie mal ein „notwendiges Übel“, die Verfolgung durch die DDR-Staatssicherheit „Einzelfälle“. Und stritt tapfer um ihren Platz in der Partei: „Ich lasse mich nicht kaltstellen.“ 2004, die neue Linke gab es noch nicht, zog sie ins Europaparlament ein.

Bald arrangierte sich Wagenknecht mit Oskar Lafontaine, den sie zunächst so argwöhnisch begrüßt hatte. Die befürchtete Sozialdemokratisierung der Linkspartei war ausgeblieben. Wagenknecht gibt zu, sich korrigiert zu haben. Sie hat es vermocht, Lafontaine in ihrem Sinne zu interpretieren – als einen Mann, der jenen Paroli bietet, die aus ihrer Sicht fast ausschließlich auf Regierungsbeteiligungen fixiert sind und dafür kaum noch Bedingungen stellen. Im Herbst 2009 wurde sie, aufgestellt auf sicherem Listenplatz in Nordrhein-Westfalen, in den Bundestag gewählt, in der Fraktion zur wirtschaftspolitischen Sprecherin ernannt. Schon kurz vorher hatte sie in einem Interview der „Tageszeitung“ bilanziert: „Ich bin keine einsame Stimme mehr.“ Matthias Meisner

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