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Linke: Spekulationen über Lafontaines Zukunft

Linken-Parteichef Lafontaine will offenbar sein Bundestagsmandat abgeben und sich auf seine Arbeit im Saarland konzentrieren. Eigentlich sollte er auf einer heute beginnenden Klausurtagung wieder an die Fraktionsspitze gewählt werden.

Der 66-jährige Linksparteichef erklärte seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur für das Amt des Fraktionsvorsitzenden im Bundestag am Freitag offiziell und bestätigte damit Medienberichte. Lafontaine wolle sich nun ganz um die Landespartei im Saarland kümmern, hieß es zunächst. Dort hatte seine Partei bei der Landtagswahl mit ihm als Spitzenkandidaten 21,3 Prozent erreicht und könnte sogar mitregieren.

Seine Entscheidung habe habe etwas mit der Notwendigkeit zu tun, die Partei langfristig aufstellen zu müssen, sagte Lafontaine selbst. "Jahrelang hat man thematisiert, was für ein Machtbesessener Mensch ich bin." Künftig solle sowohl die Frauenquote als auch der Ost-West-Proporz berücksichtigt werden. Er wies zurück, dass dies ein Rückzug aus der Politik in Raten sei und er den Fraktionsvorsitz aufgebe, um sich auf die Landespartei im Saarland zu konzentrieren. Dort ist er ebenfalls Fraktionschef und setzt auf eine rot-rot-grüne Regierung.

Lafontaine könne als Parteichef weiter "zünftige Reden" im Bundestag halten, sagte Gysi. Er würdigte Lafontaines Leistungen für die Partei, die erst vor zwei Jahren aus der westdeutschen Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) und der ostdeutschen Linkspartei gegründet worden war. "Ohne ihn wäre vieles nicht geworden, was die Partei heute ist", sagte der bisherige Co-Fraktionschef Gregor Gysi.

Auf der konstituierenden Sitzung der Linksfraktion im brandenburgischen Rheinsberg wählten 94,7 Prozent der 75 anwesenden Mitglieder Gysi zunächst zum alleinigen Vorsitzenden. Bei der Wahl vor drei Jahren hatte er 91,4 Prozent erhalten. Später soll eine eine Nachwahl stattfinden, um die Doppelspitze mit Gysi und einer Abgeordneten aus dem Westen fortzuführen. Die Partei muss dafür ihre Satzung ändern, weil es ein Führungsduo nur bis 2010 geben sollte. Er galt auch noch nicht als absehbar, welche Frau aus dem Westen an Gysis Seite rücken könnte. Viele profilierte West-Politikerinnen hat die Partei nicht.

In Berichten hieß es zunächst, Lafontaine werde später auch sein Bundestagsmandat niederlegen. Das dementierte Lafontaine vorerst. Er werde sein Mandat behalten.

Linken-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch hatte zuvor erkennen lassen, dass er sich Gysi als alleinigen Fraktionschef vorstellen könnte. "Ich werde mich mit meiner bescheidenen Stimme dafür einsetzen, dass wir einen Fraktionsvorsitzenden wählen". Zum bevorstehenden Rücktritt Lafontaines ergänzte er: "Es ist so, dass Oskar Lafontaine uns gesagt hat, dass er eine besondere Verantwortung für die Regierungsbildung an der Saar habe."

Zuvor hatten bereits die Frankfurter Rundschau und Spiegel Online über Rückzugspläne Lafontaines berichtet. Der Sprecher der Linksfraktion, Hendrik Thalheim, wies die Berichte allerdings zunächst als "reine Spekulation" zurück. Schon kurz nach der Bundestagswahl hatte es Informationen über eine Rückkehr Lafontaines an die Saar aus dem saarländischen Landesverband der Linken gegeben. Auch sie waren in der Bundespartei als "Quatsch" bezeichnet worden.

Erhärtet wurden damit auch Mutmaßungen in Linken-Kreisen in Berlin, möglicherweise wolle Lafontaine den Grünen im Saarland beweisen, wie sehr ihm an der Bildung eines rot-rot-grünen Bündnisses und dessen Erfolg gelegen sei. Es wäre die erste Koalition dieser Art bundesweit und könnte für die Bundestagswahl 2013 ein Gradmesser sein.

Die Saar-Grünen haben sich allerdings noch nicht entschieden, ob sie mit SPD und Linken tatsächlich regieren oder stattdessen mit der CDU und FDP eine Jamaika-Koalition eingehen werden. Auf die Gerüchte aus Berlin hatten sie zurückhaltend reagiert. Ein Vertreter der Grünen-Spitze wird in den Berichten zitiert, er sehe die endgültige Rückkehr Lafontaines ins Saarland "eher als Drohung denn als Hilfe". Erst kurz vor dem Delegierten-Treffen am Sonntag wollen sich die Grünen festlegen.

Der saarländische Grünen-Landesparteichef Hubert Ulrich, dem ein extrem schlechtes Verhältnis zu Lafontaine nachgesagt wird, glaubt nicht daran, dass Lafontaines politische Rückkehr an die Saar großen Einfluss auf die Entscheidung der Grünen hat. Eine dauerhafte Übernahme des Fraktionsvorsitzes durch Lafontaine sei für eine mögliche "rot-rot-grüne Koalition nicht gerade förderlich", weil vor allem die SPD und ihr Landeschef Heiko Maas damit Schwierigkeiten haben könnten.

Die Situation der Linken im Saarland ist schwierig. Sie verfügt weder über Erfahrung im Parlament noch in der Regierung. Lafontaine war als SPD-Politiker jahrelang Ministerpräsident im Saarland. Landeschef Maas war unter ihm Staatssekretär. Bei einer rot-rot-grünen Landesregierung würde Maas Ministerpräsident.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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