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Politik: Linker Anstrich

Die rot-rote Regierung in Schwerin verliert an Ansehen. Dennoch stehen die Chancen auf einen Wahlsieg von SPD und PDS gut

Von Andreas Frost, Schwerin

Mecklenburg-Vorpommerns Arbeitsminister Helmut Holter (PDS) hat nichts dagegen, dass die Schweriner SPD/PDS-Koalition „Prima-Klima-Club“ genannt wird – obwohl dies ursprünglich Spöttern eingefallen war. Schließlich stehe das im November 1998 geschlossene Bündnis, das der PDS erstmals in Deutschland drei Ministerposten verschaffte, für „Transparenz, Akzeptanz und konstruktive Arbeit". Er freue sich auf vier weitere Jahre Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten, so Vize-Regierungschef Holter. Auch Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) ist zuversichtlich, dass Rot-Rot die Landtagswahl am 22. September gewinnt, denn wichtige Reformen seien auf den Weg gebracht worden.

Vier Jahre lang hat die rot-rote Koalition Dinge bewegt, die andere – rot-grüne oder rot-gelbe – Koalitionen wohl auch hinbekommen hätten. Das Kommunalwahlalter wurde auf 16 Jahre gesenkt, ein Bildungsurlaubsgesetz geschaffen, von den Plänen für riesige Müllverbrennungsanlagen Abschied genommen. Einen eher linken Anstrich bekam das neue Schulgesetz, das die von den Konservativen 1991 geschaffene Dreigliedrigkeit in eine Zweigliedrigkeit umwandelt. Das neue Hochschulgesetz sei, so loben sich SPD und PDS, hochmodern, weil es den Universitäten viel Spielraum lasse.

Als eigentliche PDS-Duftmarke kann der Umgang mit den Stasi-Akten angesehen werden. Bei Einstellungen in den öffentlichen Dienst ist die so genannte Regelanfrage bei der Birthler-Behörde in Berlin nicht mehr obligatorisch. Die sozialen Spendierhosen allerdings hatte die PDS nicht an, wie manche Skeptiker vor vier Jahren gemutmaßt hatten. Sie trug bislang, manchmal murrend, den strikten Sparkurs der Koalition mit. Ein PDS-Lieblingskind sind die tausend Stellen in den „Gemeinwohlorientierten Arbeitsförderprojekten“, die seit 1999 rund 31 Millionen Euro gekostet haben. Die Arbeitslosigkeit von etwa 18 Prozent hat sich im Vergleich zu 1998 entgegen anderer Versprechen kaum verändert.

Das bundesweit große Interesse an der Koalition ebbte schnell ab. Anders als in der Großen Koalition bis 1998 wurde zwischen SPD und PDS nur selten öffentlich gestritten. Einmal gerieten sich Sozialdemokraten und Sozialisten über die Orientierungsstufe in die Haare. Ein anderes Mal stimmte Ringstorff gegen den Willen der PDS im Bundesrat dem zweiten Teil der Rentenreform zu. Der lasche Umgang Holters mit der Stasi-Vergangenheit eines Mitarbeiters und seine Darstellung des Falls führte bei der SPD nur hinter den Kulissen zu Unmut.

Nach einer Umfrage der „Schweriner Volkszeitung“ haben SPD und PDS bei der „Sonntagsfrage“ trotz deutlicher Verluste im Vergleich zur Wahl 1998 derzeit noch mit zusammen 51 Prozent der Stimmen die Nase vorn in Mecklenburg-Vorpommern. Die CDU liegt mit ihrem Spitzenkandidaten Eckhardt Rehberg laut Umfrage zwar bei 39 Prozent – neun Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. Seit Monaten tourt Rehberg durchs Land, um sich und sein Programm zu präsentieren. Schwerpunktthemen sind für ihn Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Bildungspolitik. Versagen, wirtschaftlichen Stillstand und bildungspolitischen Notstand wirft die CDU der Koalition vor. Doch im Schatten der Themen des Bundestagswahlkampfes wird Rehberg, so glauben Beobachter, damit nicht ausreichend punkten können.

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