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Politik: Links gegen links

Nun streitet die Partei über die Europapolitik

Von Matthias Meisner

Berlin - Die Linkspartei kommt auch weiter nicht ohne Selbstbeschäftigung aus. Nach Wochen der internen Auseinandersetzung um den neuen Vorsitzenden Klaus Ernst haben die Genossen inzwischen aber ein neues Thema – sie streiten, wer für sie in der Europapolitik den Ton angeben soll.

Der Bundesausschuss, das höchste Gremium zwischen den Parteitagen, bestimmte jetzt in einer Kampfabstimmung, wer aus Deutschland künftig im Vorstand der Europäischen Linkspartei vertreten sein soll. Dabei setzte sich der Bundestagsabgeordnete Diether Dehm, Noch-Landeschef der Linken in Niedersachsen und linker Flügelmann, knapp gegen den pragmatischen Helmut Scholz durch, der an der Seite des früheren Parteivorsitzenden und heutigen Europafraktionschefs Lothar Bisky die europäische Linke maßgeblich stark gemacht hat. Kurz darauf kam es zum Zoff in der achtköpfigen deutschen Delegation der Linken im Europaparlament: Die Hamburger Gewerkschafterin Sabine Wils, bisher Vorsitzende, wurde abgewählt. Künftig sollen die ehemalige PDS-Chefin Gabriele Zimmer und Ex-WASG-Vorstand Thomas Händel die Gruppe führen. Die Ex-DKP-Frau Wils hatte sich immer mehr von den radikalen Kräften in der Partei vereinnahmen lassen, auch ihr Verhältnis zum heutigen Parteivorsitzenden Klaus Ernst gilt inzwischen als gestört.

Genossen fühlen sich erinnert an die letzte Wahlperiode im Europaparlament, als die Abgeordneten immer wieder aneinandergerieten, auf der einen Seite der radikale Flügel um die Kommunistin Sahra Wagenknecht, auf der anderen Seite die pro-europäischen Politiker André Brie und Sylvia-Yvonne Kaufmann. Letztere wurden nicht mehr aufgestellt, Kaufmann hat sich inzwischen der SPD angeschlossen.

Mal ging der Streit damals über die Kritik an Menschenrechtsverletzungen auf Kuba, mal um den EU-Reformvertrag. Auch diesmal behauptet Wils, ihre Abwahl sei „Ausdruck politischer Gegensätze in der Delegation“, etwa zur Bewertung der europäischen Finanzmarktregulierung. Wobei sie für sich beansprucht, „einmütig geteilte Positionen der Partei“ zu vertreten, sie fürchtet eine „verhängnisvolle“ Entfremdung zwischen Europaabgeordneten und Partei. Zimmer und Händel erklären dagegen, es gehe gar nicht um ideologische Fragen. Wils soll schlicht und einfach ihre Arbeit schlecht gemacht haben. Sie habe immer „wie eine Aufpasserin“ agiert, kritisiert eine Europaabgeordnete.

Ex-Parteichef Bisky beobachtet verärgert, dass „daheim in Berlin alte Gefechte neu aufgelegt werden“. Sein Mitstreiter Scholz, sagt Bisky, habe „all die Kleinarbeit“ für die europäische Linke gemacht und werde „in allen Parteien hoch geschätzt“. Die Wils-Abwahl hat Bisky dagegen mitgetragen. Die Abgeordnete selbst will nach eigenen Worten „auch in Zukunft kämpfen“, die Kommunistische Plattform erklärte sich bereits solidarisch. Auch Dehm – der sich selbst gern in der Rolle des Regierungsskeptikers sieht – dürfte sie wohl an ihrer Seite haben.

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