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Linkspartei: Die Linke will die Revolution für alle

Linken-Vorstand verständigt sich auf neues Grundsatzprogramm / Bekenntnis zum Existenzrecht Israels

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In der Tonlage weniger radikal und doch auf antikapitalistischem Kurs: Die Linkspartei geht bei ihrer Programmdebatte in die Schlussphase. Nach den Worten von Parteichef Klaus Ernst ist die Sprache des Entwurfs zum Teil etwas entschärft worden. Der Parteivorstand befasste sich am Samstag in Berlin mit der Präambel des 49-Seiten-Papiers, der Rest war schon im Mai weitgehend abgearbeitet worden. Die aktuelle Fassung enthält das Bekenntnis zum demokratischen Sozialismus und die Forderung nach einem Systemwechsel. Der Kapitalismus beruhe auf Ungleichheit, Ausbeutung, Expansion und Konkurrenz, er stehe grundlegenden Werten der Linken wie Demokratie, Freiheit und Frieden entgegen, heißt es: „Wir kämpfen für einen Richtungswechsel der Politik, der den Weg zu einer grundlegenden Umgestaltung der Gesellschaft öffnet, die den Kapitalismus überwindet.“

Der erste Entwurf für das Grundsatzprogramm war maßgeblich vom damaligen Vorsitzenden Oskar Lafontaine geprägt worden, er hatte ihn im März vergangenen Jahres gemeinsam mit seinem damaligen Ko-Chef Lothar Bisky präsentiert. Auch der Reformerflügel, der die Radikalität des ersten Entwurfes heftig kritisiert hatte, attestierte Verbesserungen. „Die Beschreibung der Weltsituation ist weniger desaströs“, sagte Gerry Woop, Vorstandsmitglied des Forums demokratischer Sozialismus, dem Tagesspiegel. Er zeigte sich auch erleichtert darüber, dass an den Gründungskonsens der SED/PDS erinnert wird, die sich Ende 1989 „unwiderruflich“ auf den Bruch mit dem Stalinismus als System verständigt hatte. „Dieser Bruch mit dem Stalinismus gilt für die Linke unverändert fort“, soll es nun im Programm heißen – laut Woop eine „wichtige Grundaussage und relevante Traditionslinie aus der kritischen Vergangenheitsdebatte der PDS“.

In Anbetracht der Parteikrise – sinkende Umfragewerte, heftige Konflikte der Parteiflügel – setzt die Führung darauf, dass der Programmentwurf auf dem Parteitag im Oktober in Erfurt nun eine breite Mehrheit findet. Die Vertreter der Strömungen hatten zuletzt abgerüstet, alternativ abgestimmt wurde nur noch über Feinheiten. Es ging etwa darum, ob neben dem Kampf gegen Faschismus, Rassismus und Militarismus auch der gegen Imperialismus aufgenommen werden soll. Oder um die Frage, ob die Linke beim Bezug auf die Traditionen kommunistischer und sozialistischer Bewegungen auch „uneingelöste Versprechen“ erwähnen muss. Ein Sitzungsteilnehmer blieb bei seiner Kritik an einem „vereinfachenden Schwarz-Weiß-Weltbild“, sagte aber auch, das Papier entspreche dem Stand des innerparteilichen Diskurses und den politischen Kräfteverhältnissen.

Bei drei Enthaltungen folgte der Vorschlag dem Antrag der Parteichefs Klaus Ernst und Gesine Lötzsch, das klare Bekenntnis zum Existenzrecht Israels im Grundsatzprogramm zu verankern. Sie reagierten damit auf obsessive Israel-Kritik einiger Linken-Funktionäre. In dem Passus heißt es, Deutschland müsse „jeder Art von Antisemitismus, Rassismus, Unterdrückung und Krieg entgegentreten“. Die besondere Verantwortung wegen der einzigartigen Verbrechen Deutschlands an den Juden während des Faschismus „verpflichtet auch uns, für das Existenzrecht Israels einzutreten“. Zugleich werben die Linken für die Beilegung des Nahostkonflikts im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung.

Begonnen hatte die Sitzung mit einer turbulenten Auseinandersetzung um einen neuen Ost-West-Konflikt. Der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Diether Dehm war juristisch gegen Vorstandsmitglied Rosemarie Hein aus Sachsen-Anhalt vorgegangen, weil sie ihm vorgeworfen hatte, er habe sie einschüchtern wollen. Aus Heins Landesverband gab es deshalb Rücktrittsforderungen an Dehm. Lötzsch sagte Teilnehmern zufolge, sie halte das Vorgehen Dehms nicht für angemessen. Erst vor wenigen Tagen hatte sich Ernst Kritik des sächsischen Bundestagsabgeordneten Michael Leutert unter Hinweis auf dessen angeblich fehlende Lebensleistung verbeten.

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