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Gregor Gysi

© AFP

Linkspartei: "Gregor Gysi ist unser bester Mann"

Linken-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn sagt im Interview, warum Gregor Gysi manche nervt - und die Stasi-Debatte für die meisten Wähler "längst abgehakt" sei.

Von Matthias Meisner

Herr Höhn, verhagelt Ihnen die Debatte um die Stasikontakte von Gregor Gysi den Auftakt des Bundestagswahlkampfes?

Nein. Es ist nun wirklich die gefühlt hundertste Debatte zum  Thema. Die meisten Wähler wollen davon nichts mehr hören,  für sie ist das längst abgehakt.

Stimmt die Gleichung „Angriff auf Gysi = Angriff auf Ostdeutsche“?

Ein Angriff auf Gysi ist immer auch ein Angriff auf die Partei insgesamt. Er ist unser bester Mann, das nervt die anderen. Und natürlich geht es auch um die Frage, wie Ost-Biographien bewertet und ob sie entwertet werden.

Förmliche Ermittlungsverfahren gegen Gysi wegen einer möglicherweise falschen eidesstattlichen Erklärung hat es noch nicht oft gegeben. Warum sind Sie so sicher, dass die Vorwürfe substanzlos sind?

Gregor Gysi hat vor verschiedensten Gerichten juristische Auseinandersetzungen zu den diversen Stasi-Unterstellungen geführt – und sie alle gewonnen. Noch viel wichtiger ist für mich aber der Punkt persönlichen Vertrauens. Wenn Gregor Gysi sagt, dass die Vorwürfe nicht stimmen, habe ich keinen Anlass daran zu zweifeln.

Muss die Rolle der Linken als Vertreterin ostdeutscher Interessen stärker betont werden?

Wir genießen in dieser Frage bei Bürgerinnen und Bürgern höchstes Vertrauen. Es wäre töricht, dies zu ignorieren. Wir sind deshalb nicht automatisch Ost-Partei. Es geht nicht um regionale Folklore. Es geht um Gleichheit und Gerechtigkeit innerhalb der gesamten Bundesrepublik. Ein starker Osten ist gut fürs ganze Land.

Auch im Osten geht die Zahl linker Stammwähler zurück. Woran liegt das?

Wir waren bei der Bundestagswahl 2009 deutlich über unser Stammwählerpotenzial hinaus erfolgreich. Das lag sicher auch an der besonderen politischen Situation. Das ist kein Dauerzustand und Vertrauen muss immer wieder neu erarbeitet werden.

Matthias Höhn
Matthias Höhn

© Die Linke

Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren hat die Linke 16 Direktmandate gewonnen, so viele wie noch nie. Wie wichtig wird der Kampf um Erststimmen diesmal?

Wir führen einen Zweitstimmenwahlkampf. Aber, wir haben 2009 zum ersten Mal Wahlkreise auch außerhalb von Berlin gewonnen. Wir werden den Anspruch erheben, in unseren Hochburgen den ersten Platz zu behaupten.

Mit mindestens drei Direktmandaten könnte die Linke in den Bundestag auch dann in Gruppenstärke einziehen, wenn sie die Fünfprozenthürde verfehlt. Wieviel wetten Sie darauf, dass das im Herbst gelingt?

Ich wette prinzipiell nicht  auf Wahlergebnisse. Der Einzug der Linken in den Bundestag steht außer Frage.

Mit ihren Offerten an SPD und Grüne zu einer Zusammenarbeit ist die Linke in eine Sackgasse geraten. Wie wollen Sie da wieder heraus?

Wir sind nicht in einer Sackgasse. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass ein echter Politikwechsel an der Linken nicht scheitern wird. Das war eine notwendige Botschaft, die wir auch nicht zurücknehmen. Aber wir werden im Bundestagswahlkampf nicht  über Konstellationen und arithmetische Dinge reden. Es geht um unser eigenes inhaltliches Angebot.

Die SPD will sie überflüssig machen.

Na und! Die SPD hat in den letzten Jahren immer wieder versucht, uns aus dem politischen Geschäft herauszudrängen.  Eine sozialere Politik, über die die SPD in letzter Zeit gern redet, hat sie damit nie erreicht. Es wird auch im nächsten Bundestag  keine  rot-grüne Mehrheit geben. Das ist aber das Problem von Rot-Grün, nicht meines. Die SPD mag sich an uns abarbeiten, wir werden stattdessen die konkreten Probleme der Leute thematisieren und Lösungen anbieten.

Peer Steinbrück hat beim Politischen Aschermittwoch gesagt: „Wir sind Kümmerer.“ Nun nimmt er der Linken also auch noch die Rolle der Kümmererpartei?

Am Aschermittwoch wird ja viel gelacht. Im Ernst: Das ist doch völlig unglaubwürdig. Um wen oder was will er sich denn kümmern? Die Alltagsprobleme der Leute haben ihn noch nie interessiert.

Die Parteivorsitzende Katja Kipping hat im vergangenen Jahr den Vorschlag gemacht, Einkommen ab 40 000 Euro im Monat getrost mit 100 Prozent zu besteuern. Wieso hat die Partei nicht den Mut, das auch ins Wahlprogramm zu schreiben?

Mit dem, was wir zum Thema Steuerpolitik im jetzigen Programmentwurf haben, sind wir sehr klar. Wir wollen den Spitzensteuersatz, den es unter Helmut Kohl gab, wieder einführen, und wir wollen Einkommen über eine Million Euro mit 75 Prozent besteuern, gleichzeitig alle Einkommen bis 6000 Euro brutto monatlich entlasten. Den Mut bringt keine andere Partei auf. Und auch nicht den Mut, über den generellen Wert von Arbeit zu reden.

Gregor Gysi konnte sich als Solo-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl nicht durchsetzen.

Was Sie alles so wissen…

Wird es denn Plakate mit dem achtköpfigen Spitzenteam geben?

(lacht) Zu unserer Wahlkampagne werde ich jetzt noch nichts verraten. Aber gewiss ist: Wir werden unser Spitzenteam in den kommenden Monaten nicht verstecken.

Das Gespräch führte Matthias Meisner.

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