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Linkspartei: Links und zerstritten

Auf zwei Parteitagen beschäftigen sich WASG und PDS mit ihrer Fusion – die einen heftig debattierend, die andern in verordneter Harmonie

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Bloß kein Öl ins Feuer gießen. Jetzt, wo das einst als historisch beschworene Linksbündnis auf der Kippe steht, will Lothar Bisky nicht das Lied von den Schwierigkeiten singen. Der Vorsitzende der PDS steht in Halle zur Wiederwahl. Er nennt eine gesamtdeutsche Linkspartei in Deutschland „ein Stück längst überfälliger europäischer Normalität“. Und verliert kein Wort über den drohenden konkurrierenden Wahlantritt der WASG bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl im September. Nur zwischen den Zeilen der Parteitagsrede können die Delegierten erahnen, was Bisky wirklich sorgt. Einmal zitiert er das Statut seiner eigenen Partei, das die Mitglieder zu Toleranz, praktischer Solidarität, Pluralismus und kulturvollem Meinungsstreit verpflichtet. „Ach, wär’ das schön“, entfährt es dem Parteichef.

Doch die WASG, Biskys Wunschpartner für eine „politikfähige“ Linke, ist gespalten. Ob von ihrem Parteitag in Ludwigshafen am Ende ein klares Signal gegen konkurrierende Wahlantritte ausgeht, ist am Samstag lange unklar - erst gegen 22 Uhr kommt die erleichternde Botschaft. Die rund 320 Delegierten sprechen sich am Abend zunächst grundsätzlich für den Parteibildungsprozess aus: „Eine Kandidatur gegeneinander soll (…) ausgeschlossen werden“, heißt es in dem Beschluss. Links-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Maurer warnt vor den Konsequenzen, sollte der Parteitag nicht konsequent eingreifen: „Das wird das gemeinsame Projekt zerstören“, sagt er. Den Wählern könne man nicht erklären, „dass der Beginn einer neuen Linken in Deutschland damit anfängt, dass wir uns bekämpfen“. Auch Fraktionschef Oskar Lafontaine pocht auf mehr Verbindlichkeit. Um den Berliner Antritt bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus tatsächlich zu verhindern, soll der Bundesvorstand aufgefordert werden, „alle Maßnahmen zu prüfen und gegebenenfalls zu ergreifen“. Parteiausschlüsse und eine Auflösung des Berliner Landesverbands sollten dabei vermieden werden, stellt Lafontaine klar – und überzeugt am Ende damit eine Mehrheit.

Eine Woche vor dem Parteitag hatten die Berliner WASGler eine eigene Liste mit Kandidaten für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus aufgestellt und beim Landeswahlleiter eingereicht – eine Provokation für die Fusionsbefürworter. Die Spitzen von Linkspartei/PDS und WASG hatten schließlich vereinbart, bis zum Mitte 2007 geplanten Zusammenschluss nicht mehr gegeneinander anzutreten. Am späten Samstagabend rügt der WASG-Parteitag denn auch den Beschluss der Berliner WASG – und fordert die Rebellen auf, die Wahlanzeige sofort zurückzuziehen.

Diejenigen, die den Berliner Alleingang unterstützen, sehen sich am Ende in der Minderheit – aber einer lautstarken Minderheit, die mit Buhrufen nicht spart. Der Delegierte Dieter Braeg aus Mönchen-Gladbach findet, es sei falsch, die Berliner WASG an einer Kandidatur zu hindern. „Warum verlangt man nicht von den anderen: Geht aus der Regierung raus?“, fragt er. Die anderen – das sind die Politiker von der Berliner PDS. An diesem Samstag bricht immer wieder der Streit aus, ob Regierungsbeteiligungen Teufelszeug sind – und die Linke nur in Versuchung bringen, vermeintlich neoliberale Politik zu unterstützen.

Während die einen streiten, üben sich die andern in verordneter Harmonie. Beim PDS-Parteitag in Halle streicht der Vorsitzende Bisky persönlich ein Thema, das die Basis über Wochen beschäftigt hat, von der Tagesordnung: die Kuba Krise. Die Europa-Abgeordneten André Brie, Helmuth Markov und Gabi Zimmer scheitern mit ihrem Versuch, Rückendeckung für ihre Position zu bekommen, dass Menschenrechte unteilbar seien und auch im „eigenen Lager“ eingefordert werden müssten. Schon vor Wochen waren die drei Parlamentarier wegen ihrer Zustimmung zu einer kubakritischen Resolution in Straßburg vom Parteivorstand gerügt worden. Jetzt verschiebt Bisky die aus seiner Sicht „notwendige Verständigung“ auf den nächsten Parteitag. Auch ein anderer Streitpunkt sollte nicht diskutiert werden. Bisky versichert, die von ihm als Stellvertreterin vorgeschlagene Katina Schubert, Mitarbeiterin des Berliner Wirtschaftssenators Harald Wolf, sei „alles andere als ein Strömungssignal“. Sie wurde mit 67,4 Prozent der Stimmen gewählt.

Die Delegierten machen sich dennoch Sorgen um ihr Projekt. Die Abgeordnete Petra Pau sagt, sie sei nicht in den Bundestag gewählt worden, „um trotzkistische WASG-Sekten zu unterstützen“. Wer partout „im Wolkenkuckucksheim revoluzzern will, der soll das dort nach Herzenslust tun. Aber bitte nicht mit mir und nicht mit uns!“ Die Parole von einer möglichen Spaltung der WASG macht noch bis zum Abend auf den Fluren die Runde. Der Ehrenvorsitzende Hans Modrow spricht über die Gefahr, dass letztlich nur ein paar „Generale“ wie Lafontaine und Klaus Ernst zur PDS wechseln könnten – die Truppen aber fehlen. Erst um 22 Uhr 16 erhalten die Delegierten in Halle die gute Nachricht aus Ludwigshafen. „Es ist gewonnen“, sagt ein froher Gregor Gysi seinen Genossen.

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