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Politik: Linkspolitiker sperrt Wikipedia

Lutz Heilmann sieht seinen Ruf geschädigt

Berlin – Der Linken-Abgeordnete und Umweltexperte seiner Fraktion, Lutz Heilmann, hat per Gerichtsurteil die Website Wikipedia.de sperren lassen, über die von Deutschland aus auf die Internet-Enzyklopädie zugegriffen werden kann. Heilmann hatte beim Lübecker Landgericht eine Einstweilige Verfügung beantragt, weil sein Eintrag bei Wikipedia falsche Tatsachen enthalte, wie er dem Tagesspiegel sagte. „Heilmann ist der erste ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, der in den Bundestag einzog“, heißt es unter anderem in dem Eintrag. Allerdings wendet sich Heilmann nur gegen verschiedene Details. So sei es beispielsweise unrichtig, dass er sein Jura-Studium „unterbrochen“ habe, um in den Bundestag einzuziehen. Anders als dort zeitweilig berichtet, lasse er auch umfassend Einsicht in seine Stasi-Akte zu.

Betreiber der Enzyklopädie ist die Wikimedia Foundation, eine Stiftung mit Sitz in San Francisco. Der Deutsche Verein Wikimedia, der Wikipedia.de betreibt, weist darauf hin, keine Haftung für dessen Inhalte zu übernehmen. Wikimedia-Anwalt Thorsten Feldmann sagte dem Tagesspiegel am Sonnabend, er werde umgehend gegen die Verfügung vorgehen. Es sei unverhältnismäßig, wegen solcher Kleinigkeiten die gesamte Website abzuschalten. Zugleich sei die Verfügung ohnehin faktisch wirkungslos, da auf den Eintrag über Heilmann – wie auf Wikipedia insgesamt – weiter zugegriffen werden könne. Feldmann rechnet mit einer raschen Aufhebung der Lübecker Entscheidung. „Offenbar kennen die Richter Wikipedia gar nicht“, sagte er.

„Sobald die falschen Behauptungen bei Wikipedia verschwunden sind, ist die Sache erledigt“, sagte dagegen Heilmann. Dann werde er auch die einstweilige Verfügung zurückziehen. „Das Allerletzte was ich will, ist die Meinungsfreiheit einzuschränken.“ Da die inkriminierten Passagen mittlerweile aus dem Internet-Eintrag gelöscht sind, ist es möglich, dass Wikipedia.de in den nächsten Tagen wieder erreichbar sein wird. Offenbar laufen die Auseinandersetzungen um den Heilmann-Eintrag schon seit Wochen. So wehrt sich der Politiker auch in seinem Wahlkreis mit einer Gegendarstellung gegen Presseberichte. Heilmann war in den achtziger Jahren im Stasi-Personenschutz tätig und in die Kritik geraten, weil er dies erst spät offenbarte. jam/neu

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