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Politik: Linksrum? Rechtsrum?

Frankreichs Sozialisten suchen bei ihrem Parteitag nach dem Kurs – und einem Präsidentschaftskandidaten

Berlin - An wohlmeinenden Appellen von außen hat es nicht gefehlt. Frankreichs Sozialisten, die sich noch bis zum heutigen Sonntag im westfranzösischen Le Mans zum Parteitag versammeln, sollen nach der Vorstellung der Labour Party, der SPD und anderer europäischer Schwesterparteien zur Einheit zurückfinden. Am Samstag bekamen es die 614 Delegierten von Frankreichs Sozialistischer Partei (PS) dann auch direkt vom ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi zu hören. Der Italiener, der im kommenden Jahr bei den Parlamentswahlen in seinem Land selbst mit einem Links-Bündnis gegen Regierungschef Silvio Berlusconi antreten will, mahnte zur Zusammenarbeit aller Mitte- Links-Kräfte in Europa. „Europa befindet sich in einer Krise“, sagte Prodi. Sein Appell dürfte allerdings kaum etwas ändern an den Problemen der französischen Oppositionspartei, die seit dem EU-Referendum im vergangenen Mai gespalten ist.

Nach einer Meinungsumfrage sind 67 Prozent der Franzosen der Auffassung, dass die PS über kein überzeugendes Zukunftsprojekt verfüge. Dass eine klare Linie bei den Sozialisten fehlt, zeigte sich auch angesichts der inzwischen abgeflauten Krawalle in den Vorstädten. Zahlreiche Delegierte beim Parteitag in Le Mans sprachen die Unruhen an. So berichtete etwa der sozialistische Bürgermeister des Pariser Vorortes Sarcelles, François Pupponi, von der trostlosen Lage vieler Jugendlicher in den Banlieues. Wie Pupponi glauben viele sozialistische Kommunalpolitiker, dass die Probleme in den Vorstädten nicht allein mit scharfen Zwangsmaßnahmen in den Griff zu bekommen sind. Trotz der praktischen Erfahrung, die die Sozialisten vor Ort sammeln, war eine eindeutige Haltung der Parteiführung nach dem Beginn der Unruhen am 27. Oktober nicht zu erkennen: Erst spendete die PS-Führung Applaus für den harten Kurs des französischen Innenministers Nicolas Sarkozy, der auch bei der Mehrheit der Bevölkerung große Zustimmung findet. Dann schwenkten die Sozialisten in der Nationalversammlung um und stimmten am vergangenen Dienstag gegen die Verlängerung des Ausnahmezustandes um drei Monate.

Ähnlich verworren ist die Programmdebatte, die Parteichef François Hollande bis zu diesem Sonntag zu einem harmonischen Ende führen will. In Le Mans konkurrieren die Programme drei verschiedener Strömungen: Die Mehrheit unterstützt den Kurs von Parteichef Hollande; dagegen verlangt der Ex-Premierminister und EU-Verfassungsgegner Laurent Fabius einen Linksruck, wie er auch der Strömung der „Neuen Sozialistischen Partei“ vorschwebt. In Le Mans versuchten nun Hollande und Fabius, ihr Kriegsbeil zu begraben. Am Donnerstag trafen sich die beiden Rivalen zu einem Vier-Augen-Gespräch – dem ersten seit fast einem Jahr. Es blieb zunächst offen, ob auch die von dem Hollande-Kritiker Vincent Peillon angeführte „Neue Sozialistische Partei“ die parteiinterne Fehde beenden würde.

Zwar entscheidet sich erst in einem Jahr, mit welchem Kandidaten die Sozialisten in den Präsidentschaftswahlkampf 2007 ziehen werden. Inzwischen scheint die Parteibasis von dem ewigen Gerangel um die Führung aber so genervt, dass sie sich jüngst in einer Befragung dafür aussprach, die ehemalige Bildungsministerin Ségolène Royal auf den Schild zu heben. Ségolène Royal, die Lebensgefährtin von Parteichef Hollande, gilt zwar als medienbewusst. In ihrer Partei ist sie bislang aber eher eine Außenseiterin.

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